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Freiheitsstrafen bei medizinischer Verwendung von Cannabis für Patienten in NRW und Schleswig-Holstein

Vom Amtsgericht Schleswig wurde ein 50-jähriger Mann, der an einem Tourette-Syndrom leidet, wegen des Besitzes von Cannabis und der Weitergabe der Droge zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung sowie zu 80 Stunden gemeinnützige Arbeit verurteilt. Als Folge seines Cannabiskonsums war er in den vorangegangenen Jahren bereits viermal verurteilt worden. Im aktuellen Verfahren ging es um den Besitz von 97 Gramm Cannabis und die Weitergabe zum Einkaufspreis an Bekannte. Ein Handel mit Gewinnabsicht ergab die Beweisaufnahme nicht. In einem Zeitungsbericht vom 28. Juli über das Verfahren heißt es weiter:

„Als Kind und später auch als Jugendlicher hatte der Angeklagte sich viele Jahre in stationärer Behandlung befunden. Mit 16 Jahren, so schilderte er dem Gericht, habe er angefangen, Haschisch zu rauchen und gemerkt, dass „null Symptome“ mehr auftreten. Jetzt sei er seit längerem nicht mehr in ärztlicher Behandlung.
Nach seinem Kenntnisstand gebe es keine anderen Medikamente gegen seine Krankheit. Er wisse aber auch, dass er sich durch den unerlaubten Besitz und die Weitergabe von Cannabis strafbar mache.
Das Schöffengericht sah es genau so. Es verurteilte den 50-Jährigen zu einem Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung. Als Auflage legte es ihm 80 Stunden gemeinnützige Arbeit auf. Es folgte dabei dem Antrag des Staatsanwalts, wobei der Vertreter der Anklage die Krankheit des Angeklagten nicht in Abrede stellen wollte. Sie rechtfertige nach dem Gesetz jedoch nicht den unerlaubten Besitz von einer ’nicht geringen Menge‘ des Betäubungsmittels sowie die Abgabe an Dritte.
Auch der Vorsitzende Richter Dr. Jan Schady sagte, es sei gerichtsbekannt, dass durch Stoffe im Cannabis das Tourette-Syndrom deutlich gemildert werden könne. Nach Eindruck des Schöffengerichts sei der Angeklagte damit jedoch zu sorglos umgegangen. Zudem vermisse das Gericht das Problembewusstsein, immerhin liege die letzte Behandlung lange zurück und zwischenzeitlich gebe es medizinische Fortschritte. Vom Angeklagten werde erwartet, dass er sich aus eigenem Antrieb um medizinische Behandlung kümmere.“

Vom Schöffengericht Siegen wurde ein 53-jähriger Mann wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis in nicht geringer Menge zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Er gab an, Diabetiker zu sein, ein Augenleiden zu haben, an Magendarmkrämpfen zu leiden und nervlich stark belastet zu sein. Er nehme Cannabis seit vielen Jahren gegen Depressionen. In einem Zeitungsartikel heißt es zu dem Verfahren:

„Einen minderschweren Fall sah Staatsanwältin Ley in ihrem Plädoyer gegeben und griff damit einen rechtlichen Hinweis des Richters auf. Sie glaubte dem Angeklagten dessen Einsatz der Droge, nahm sogar eine positive Wirkung auf die Beschwerden an. Aber illegal ist nun mal illegal, bis der Gesetzgeber sich etwas anderes überlegt: Und ‚der Angeklagte hat keine verwaltungsgerichtliche Anstrengung versucht, den Anbau legal zu betreiben‘. Ley wollte es bei einer Bewährungsstrafe von vier Monaten bewenden lassen.
Das sah der Verteidiger anders. Auch er ging vom minderschweren Fall aus, und er betonte, sein ansonsten völlig unbescholtener Mandant habe nur für den Eigenkonsum angebaut. ‚Er macht keinen Blödsinn damit, konsumiert abends Cannabis, das sollte man ihm lassen.‘ Deshalb seien drei Monate Haft, zur Bewährung ausgesetzt, ausreichend, und diese Strafe solle in eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen umgewandelt werden.“

Mehr unter:

(Quellen: Siegener Zeitung, Schleswiger Nachrichten vom 28. Juli 2009)

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