Der Spiegel berichtete über die Übersichten zum therapeutischen Potenzial von Cannabisprodukten im Journal of the American Medical Association. Die Übersichten hatten gezeigt, dass nur für wenige Indikationen eine gute wissenschaftliche Datenlage vorliegt. Der Spiegel vergisst dabei, dass das erforschte Potenzial nicht mit dem realen Potenzial übereinstimmt, denn klinische Forschung ist sehr teuer und es sind nicht viele bereit, dieses Geld zu investieren. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen den hunderttausendfachen Erfahrungen von Patienten und Ärzten und dem wissenschaftlichen Kenntnisstand.
„Viele Patienten setzen große Hoffnungen auf medizinisches Cannabis. Forscher haben nun Dutzende Studien zur Hanf-Behandlung analysiert – und viele Wissenslücken gefunden.
Krebs, Multiple Sklerose, Tourettesyndrom – Cannabis kommt oft bei Krankheiten zum Einsatz, die so schwer sind, dass jede Hilfe zählt. Umso größer sind die Hoffnungen, die viele in die Droge setzen. Immer mehr Menschen nutzen sie weltweit als Medizin. Tatsächlich wissen Ärzte jedoch wenig über den Nutzen des Medikaments, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Für seine Analyse durchforstete ein internationales Forscherteam um Penny Whiting vom University Hospital in Bristol 28 Datenbanken auf der Suche nach Studien, die sich mit der Wirkung von Cannabis als Medikament auseinandergesetzt hatten. Dabei stießen sie auf 79 Untersuchungen mit knapp 6500 Teilnehmern; die älteste stammte aus dem Jahr 1975, die aktuellste aus diesem Jahr.“
Cannabis als Arznei: Viel Hype, wenig Substanz
Viele Patienten setzen große Hoffnungen auf medizinisches Cannabis. Forscher haben nun Dutzende Studien zur Hanf-Behandlung analysiert – und viele Wissenslücken gefunden.
Krebs, Multiple Sklerose, Tourettesyndrom – Cannabis kommt oft bei Krankheiten zum Einsatz, die so schwer sind, dass jede Hilfe zählt. Umso größer sind die Hoffnungen, die viele in die Droge setzen. Immer mehr Menschen nutzen sie weltweit als Medizin. Tatsächlich wissen Ärzte jedoch wenig über den Nutzen des Medikaments, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Für seine Analyse durchforstete ein internationales Forscherteam um Penny Whiting vom University Hospital in Bristol 28 Datenbanken auf der Suche nach Studien, die sich mit der Wirkung von Cannabis als Medikament auseinandergesetzt hatten. Dabei stießen sie auf 79 Untersuchungen mit knapp 6500 Teilnehmern; die älteste stammte aus dem Jahr 1975, die aktuellste aus diesem Jahr.
Wer hat’s bezahlt?
Die Studie wurde vom Schweizer Gesundheitsministerium finanziert.
Bei den bekanntesten Anwendungen von Cannabis, etwa der Linderung von chronischen Schmerzen oder von Übelkeit im Rahmen einer Chemotherapie, gebe es Hinweise auf eine positive Wirkung, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Jama“. Bei vielen anderen Krankheiten ist die Wirkung jedoch kaum untersucht. Bei der Behandlung des Grünen Stars etwa beschränkte sich das Wissen auf eine Studie mit sechs Teilnehmern.
Die fehlenden Daten bedeuten nicht, dass Cannabis nicht wirkt. Viele Mediziner haben gute Erfahrungen damit gemacht. „Ich habe jede Woche Tourette-Patienten in meiner Praxis, die mir sagen, dass kein Medikament ihre Tics lindern kann, aber ein Joint habe ihnen geholfen“, erzählt etwa Kirsten Müller-Vahl, Neurologin an der Medizinischen Hochschule Hannover hier im Interview. Die umfangreiche Analyse zeigt aber, dass ein enormer wissenschaftlicher Nachholbedarf besteht.
Denn erst wenn Mediziner mehr über den medizinischen Nutzen von Cannabis wissen, kommt es auch für mehr Patienten infrage. Bis dahin treffen zu viele Risiken auf einen noch unbekannten Nutzen: Bei etwa einem von zehn Cannabis-Konsumenten drohe eine Abhängigkeit, heißt es im „Jama“-Editorial. Zur sehr geringen Gefahr einer Psychose kommen harmlosere Nebenwirkungen wie ein trockener Mund, Müdigkeit, Übelkeit und Schwindel hinzu, schreiben die Forscher.
In Deutschland dürfen derzeit etwas mehr als 400 Menschen mit einer Sondergenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Cannabis legal in der Apotheke kaufen, weil bei ihnen kein anderes Medikament wirkt. Bald sollen die deutschen Krankenkassen die Kosten für die Medizin übernehmen. Ein Gramm kostet laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände 15 bis 18 EURo.