Mit einem Brief und einer Petition bittet Gabriele Gebhardt den Ministerpräsidenten und den Justizminister von Baden-Württemberg um Gnade für einen Schmerzpatienten, der eine Gefängnisstrafe von 2,5 Jahren antreten soll.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
sehr geehrter Herr Justizminister Stickelberger,
am 4. Februar 2014 habe ich für Herrn Alexander Jähn ein Gnadengesuch eingereicht. Er war zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, da er, um seinen Bedarf an medizinischen Cannabis zu decken, eine Kurierfahrt mit Cannabis gemacht hatte.
Nunmehr hat Herr Jähn die Aufforderung zum Haftantritt in die JVA Bruchsal erhalten. Angeraten wird in einem Begleitschreiben, er möge seine Medikation von pflanzlichem Cannabis auf „Drobinal“-Kapseln umstellen.
„Drobinal“ existiert nicht. Der Begriff „Drobinal“ wurde von der zuständigen Amtsärztin genannt, die Herrn Jähn daraufhin beurteilen sollte, ob Cannabisblüten durch Dronabinol (THC) ersetzt werden können. Die fehlende Kompetenz der Ärztin in Sachen Cannabis-Medizin ist ersichtlich.
Bereits durch Herrn Jähns behandelnde Ärzte ist eindeutig dokumentiert, dass Dronabinol nicht ausreichend wirkt, genau so wenig, wie andere Schmerzmedikamente, die Herr Jähn zuvor jahrelang bekommen hat. Die fehlende Medikamenten-Wirksamkeit war und ist überhaupt erst Voraussetzung für die Erteilung einer „Ausnahme- Erlaubnis nach §3 BtMG“. Diese Sachlage hat die Bundesopiumstelle in einem Schreiben bestätigt.
Die Androhung, Herrn Jähn im Gefängnis-Krankenhaus gegen seinen erklärten Willen auf Medikamente umzustellen, die nachweislich nicht helfen, verletzt einen schwerkranken Schmerzpatienten in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Das oberste ärztliche Prinzip „nihil nocere“ – niemand darf durch die Behandlung an seiner Gesundheit geschädigt werden – gilt unbedingt auch für staatliche Grundrechtseingriffe. Die medizinische Versorgung von Patienten hat sich daran zu orientieren, was Patienten hilft und nicht am Aufwand der Gefängnisadministration.
Herr Jähn hat eine Ausnahmeerlaubnis nach §3 BtMG. Diese gilt nach Rechtsauffassung des SCM in der gesamten Bundesrepublik. Insbesondere Haft-Anstalten sind kein exterritoriales Gebiet und dürfen nicht durch mangelnde medizinische Kompetenz zu rechtsfreien Räumen gemacht werden. Es ist zutreffend, dass Herr Jähn straffällig geworden ist, aber er hat mit seinem Tun keine andere Person geschädigt, und es besteht auch keine Wiederholungsgefahr, da er inzwischen medizinisch versorgt ist und die Krankenkasse in seinem Fall die Kosten für seine Medikation ausnahmsweise übernimmt.
Bundesweit sind viele andere Patienten, die Cannabis als Medikament benötigen, gezwungen, durch Selbstanbau oder Versorgung auf dem Schwarzmarkt illegal zu handeln. Der bislang 16 Jahre andauernde Klageweg durch Patienten hat bis dato noch nicht dazu geführt, dass die Politik diesen unhaltbaren Zustand in menschenrechtswürdiger Weise geändert hätte.
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Wir gestehen zu, dass gesetzliche Änderungen Aufgabe der Bundespolitik sind, dennoch haben Sie in Ihrer führenden Position die Macht und die Möglichkeit, die unmenschliche Strafverfolgung von Cannabis-Patienten bis dahin auszusetzen. Dies erbitten wir im Rahmen dieses erneuten Gesuchs für Herr Jähn im Speziellen, aber auch für alle anderen Cannabis-Patienten, gegen die zur Zeit in Baden-Württemberg Strafverfahren laufen.
Bitte setzen Sie ein Signal der Menschlichkeit.
Hochachtungsvoll
Gabriele Gebhardt
Sprecherin des Selbsthilfenetzwerk Cannabis – Medizin (SCM)