Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert bei der Verschreibung von Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten die Streichung des Genehmigungsvorbehaltes durch die Krankenkassen. Wir haben in den letzten ACM-Mitteilungen darüber berichtet (Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen).
Die behandelnden Ärzte, die ihre Patienten kennen, sollen entscheiden dürfen, ob ein Patient eine solche Therapie erhält oder nicht und nicht ein Vertreter des MDK an seinem Schreibtisch.
Grüne wollen Verordnung von Cannabis als Medikament erleichtern
Die Grünen wollen die Krankenkassen nicht mehr bei der Verordnung von Cannabis als Medikament mitreden lassen – weil sie entsprechende Anträge von Patienten zu oft ablehnen. Der sogenannte Genehmigungsvorbehalt der Kassen müsse gestrichen werden, heißt es in einem Gesetzentwurf der Fraktion, der dem Tagesspiegel vorliegt und am Donnerstag vom Bundestag in den Gesundheitsausschuss verwiesen werden soll.
Grüne: Kassen legen das Gesetz zu restriktiv aus
„Wenn Medizinalcannabis ärztlich verordnet wird, muss diese Verordnung gelten“, sagte die drogenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Kirsten Kappert-Gonther, dem Tagesspiegel. Die hohe Ablehnungsquote von einem Drittel aller Anträge zeige, dass die Krankenkassen das Gesetz bisher zu restriktiv auslegten.
Die langen Genehmigungsverfahren und die häufigen Ablehnungen verhinderten zu häufig die Behandlung und erschwerten die Situation der Patienten unnötig. Dabei könnten Arzt und Patient am besten beurteilen, wie schwerwiegend eine Erkrankung sei und ob Medizinalcannabis zum Einsatz kommen müsse.
80.000 Verordnungen im ersten Halbjahr 2018
Laut Sozialgesetzbuch haben genau definierte Patientengruppen mit schwerwiegender Erkrankung seit Januar 2017 Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis. Die Kassen dürfen ihnen bei ärztlicher Verordnung eine Genehmigung „nur in begründeten Ausnahmefällen“ versagen.
Tatsächlich aber werde derzeit etwa ein Drittel aller Anträge abgelehnt, heißt es in dem Entwurf der Grünen. Dies könne „dazu führen, dass die Linderung der Beschwerden von Patientinnen und Patienten hinausgezögert oder gänzlich verhindert wird“. Den Angaben zufolge lag die Zahl der Cannabis-Verordnungen zulasten von gesetzlichen Kassen im ersten Halbjahr 2018 bei knapp 80.000.
Ärztinnen und Ärzten werde die Therapie ihrer Patienten durch den Genehmigungsvorbehalt „erheblich erschwert“, heißt es in dem Grünen-Vorstoß. Zum einen führten formale Fehler häufig zur Ablehnung von Anträgen. Zum andern hintertreibe die gesetzliche Vorgabe zielgenaue Behandlungen.
„Die Möglichkeit, eine passgenaue Medikation durch das Ausprobieren verschiedener Cannabissorten in niedriger Dosierung zu finden, wird quasi verhindert, da nach Auskunft von Betroffenen für jede neue Erstverordnung ein weiteres Genehmigungsverfahren durchlaufen werden muss.“ Dabei entstehe für die Patienten „eine wochenlange Unsicherheit, oft verbunden mit einer unzumutbaren Verlängerung der zu behandelnden Symptome“.
Ärztepräsident findet Überprüfung der Verordnungen sinnvoll
Es sei davon auszugehen, dass die Cannabis-Verordnungen durch eine Streichung des Genehmigungsvorbehalts der Krankenkassen zunähmen, räumen die Grünen ein. Von den Mehrkosten seien dann allerdings wiederum die Einsparungen für nicht verschriebene Opioide und andere nicht mehr benötigte Substanzen abzuziehen. Wenn nur die bisher abgelehnten Anträge akzeptiert würden, hätte das einen Kostenanstieg von rund zwei Millionen EURo im Monat zur Folge.
Die Bundesärztekammer hält nichts von der Grünen-Forderung und warnte vor einer weiteren Liberalisierung. Bei Cannabis handle es sich „nicht um Zuckerpillen, sondern um ein potentes und auch gefährliches Medikament“, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Auch ärztliche Verordnungen müssten überprüfbar sein. Wenn die Kassen dies nach Recht und Gesetz täten, sei nichts dagegen einzuwenden.