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ACM-Mitteilungen vom 30. Oktober 2021

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit Algea Care wird die Kommerzialisierung der Medizin, die jüngst im Deutschen Ärzteblatt beklagt wurde, durch Ärzte auch im Cannabisbereich deutlich sichtbar. Wie der Artikel im Ärzteblatt fordert, muss die Politik entsprechende Rahmenbedingungen setzen, damit solche Auswüchse in Zukunft vermieden werden können. Dabei geht Algea Care besonders dreist vor und behauptet beispielsweise, nun in Niedersachsen das erste Zentrum für Cannabismedizin in Niedersachsen eröffnet zu haben. Die Vorsitzende der ACM, Professorin Kirsten Müller Vahl, hat dazu in einem Zeitungsartikel die passenden Worte gefunden.

Wir wollen mit unserer Pressemitteilung zu diesem Thema keineswegs in Abrede stellen, dass vielen Patienten durch die Behandlung bei Algea Care geholfen werden konnte, aber dass die Not der Patienten gegenwärtig offenbar so groß ist, dass sie in einer solchen Weise – 120 € für 15 Minuten Videosprechstunde, also ein Stundenlohn von über 400 € lässt sich nichts rechtfertigen – ausgenutzt werden kann, betrachtet die ACM als Alarmsignal.

Die ACM bietet seit einigen Tagen die Möglichkeit, dass pharmazeutische Unternehmen oder Apotheken im Cannabisbereich Produkte, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, diese Produkte zu einem günstigen Preis anbieten. Wir informieren dann umgehend die Mitglieder des Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin (SCM) durch eine Nachricht im SCM-Verteiler. Wir haben dies in der vergangenen Woche für einen Extrakt sowie für eine Cannabissorten zweier verschiedener Unternehmen machen können. Ganz nebenbei rufen sich die entsprechenden Unternehmen und die beteiligten Apotheken auch in Erinnerung – eine klassische WIN-WIN-Situation.

Passend zu den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP sind 2 Umfragen erschienen, die zeigen, dass eine Mehrheit der Deutschen erstmals für eine Legalisierung von Cannabis ist. Der Deutsche Hanfverband (DHV) berichtete über die vom Verband in Auftrag gegebene Umfrage bei Infratest Dimap, nach der 49 % eher für eine Legalisierung und 46 % gegen eine Legalisierung von Cannabis für Erwachsene ist. Noch deutlicher fiel die Umfrage im ZDF-Politbarometer aus. Danach sind 53 % für eine Legalisierung rund 40 % dagegen.

Wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung den Koalitionären auch aufträgt, die Situation von Cannabispatienten zu verbessern. Dies trifft seit Jahren auf eine überwältigende Unterstützung in der Bevölkerung.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Inhalt:

Presseschau: Cannabis-Therapiezentrum: Bitter notwendig oder Not, die ausgenutzt wird? (Neue Presse)

Algea Care hat nun auch in Hannover ein Zentrum eröffnet.

Cannabis-Therapiezentrum: Bitter notwendig oder Not, die ausgenutzt wird?

In Hannover gibt es nun ein „Therapiezentrum für medizinisches Cannabis“, das seine Leistungen privat abrechnet. Das ist in Expertenkreisen umstritten. Nicht aber, dass medizinisches Cannabis für Patienten mit schmerzhaften chronischen Krankheiten Erleichterung schafft. Doch dafür gibt es zu wenige Ärzte, die es verschreiben – was sie seit 2017 auch auf Kosten der Krankenkassen dürfen.

Mit der politischen Ampel in Berlin könnte es auch grünes Licht für die Legalisierung von Cannabis geben. Die Droge könnte dann etwa in lizenzierten Shops zu moderaten Preisen in sauberer Qualität und kontrolliert abgegeben werden. Darauf warten nicht nur Leute, die sich ihren Joint lieber legal reinziehen würden. Darauf warten auch viele Menschen, die unter schmerzhaften chronischen Krankheiten leiden, die sie hoffen mit Einnahme des Stoffes lindern zu können. Allerdings: Cannabis zu medizinischen Zwecken darf bereits verschrieben werden, 2017 trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Und trotzdem müssen so viele Kranke ausharren?

Konrad Cimander (69) gehört zu jenen, die solche und andere Fragen zu Cannabinoiden (so der Überbegriff) beantworten können. Der Mediziner und Chemiker hat 31 Jahre in der eigenen Allgemeinmedizinischen Praxis in Linden Heroinabhängigen mit entsprechender Substitution geholfen, ab 2017 seinen Patienten auch medizinisches Cannabis verschrieben. Und er weiß, wie schwierig es für Ärzte ist, ein entsprechendes Rezept auszustellen, das auch von der Krankenkasse bezahlt wird. „Der Antrag ist sehr umfänglich, viele Punkte müssen sehr genau und detailliert beantwortet werden und das dauert. Das ärgert die Ärzte, denn das Honorar für eine Stunde Arbeit ist ausgesprochen gering, das passt nicht in den Ablauf einer allgemeinmedizinischen Praxis.“

Hoher Ablehnungsgrad bei Kassenpatienten
Und dann stelle sich auch noch der Medizinische Dienst der Kassen (MDK) quer. Ihn ärgere, sagt Cimander, „dass wir in Niedersachsen einen hohen Ablehnungsgrad bei den Anträgen haben, die liegt nahe bei 45 Prozent“. Im Gesetz stehe, dass die Kasse in seltenen, begründeten Ausnahmefällen den Antrag ablehnen könne. „Aber hier wird systematisch abgelehnt“, kritisiert er. Und betont: „Die höchsten Zustimmungsraten gibt es übrigens in Bayern, da sind wir bei mehr als 80 Prozent.“

Unübersichtlicher Markt mit hohem Umsatz
Aber es gebe eine weiter wichtige Hürde, warum das medizinische Cannabis nicht den chronisch Kranken erreiche. Das hat etwas mit dem Erfolg dieser Medizin zu tun. Deutschland sei mittlerweile der drittgrößte medizinische Cannabismarkt mit 230 Millionen Umsatz hinter den USA (etwas über zwei Milliarden Dollar Umsatz, dann folge Kanada mit etwas mehr als 440 Millionen). „Und dann kommt schon Deutschland. Aber der Markt ist unübersichtlich geworden, wir haben 70-80 verschiedene Blüten, Indica-, Sativa- und Hybridsorten, Sorten mit hohem und mit niedrigen Tetrahydrocannabnol (THC)- und Cannabidiol (CBT)-Gehalt.

Aber zu wenige Ärzte und Apotheker interessiert das Thema
Die Ärzte haben bisher keine universitäre Ausbildung, auch keine Weiterbildung durch die Bundesärztekammer.“ Er mache seit fünf intensive Jahren Weiterbildungen für Mediziner und Apotheken, aber: „Wir haben nur ein bis zwei Prozent der niedergelassenen Ärzteschaft, die sich für Cannabis interessiert, bei den Apotheken ist es das gleiche. Von den 13.800 Apotheken bundesweit sind es zwei bis drei Prozent, die sich überhaupt damit beschäftigen und es vorrätig haben.“ Oft seien die Patienten besser informiert als die Ärzte.

Schon der 13. Standort – nun auch in Hannover
Hier kommt der 35-jährige Radiologe Julian Wichmann ins Spiel, der mit seinen Marketingpartnern eine Marktlücke entdeckt hat und diese offenbar mit Erfolg füllt. Sein Unternehmen „Algea Care“ hat gerade in Hannover den 13. Standort eröffnet, angekündigt als „erstes ärztliches Therapiecenter mit Spezialisierung auf medizinisches Cannabis in Niedersachsen“. Hier braucht die Krankenkasse kein OK geben, die Beratungen, Behandlungen und Rezepte müssen dafür allerdings privat gezahlt werden.

Das Therapiecenter ist ein Raum in einer hausärztlichen Praxis in der Lavesstraße 6, die Belegpraxis ist freitags und sonnabends direkt und täglich online erreichbar. Die Ärzte, gewonnen durch Anzeigen und auch persönliche Ansprachen, erhielten laut Wichmann „ein umfangreiches On-Boarding durch unser medizinisches Team, das sich um Aus- und Weiterbildung kümmert“. Denn hier handele es sich um ein komplexes Thema auch für Ärzte, „viel Wissen muss vermittelt werden“. Die Mediziner würden auch Hospitationen durchlaufen.

Dass die Patienten in spe auf der Homepage geduzt würden, habe damit zu tun, „dass wir den Menschen auf Augenhöhe begegnen wollen. Weg vom Weißkittelsyndrom, auch in der Ansprache, denn viele haben schlechte Erfahrungen auf ihrem langen Leidensweg gemacht, wurden teilweise von ihren Ärzten nicht ernst genommen, trauen sich nicht, über ihre Krankheiten zu reden“. Dabei sei es auch für die Mediziner eine Herausforderung, „erst einmal die Krankengeschichte zu verstehen“. Es gehe schließlich nicht um Schnupfen. Die volljährigen Patienten bekämen einen großen medizinischen Fragebogen, den sie zuhause ausfüllen könnten, inklusive Arztbriefen, Diagnosen und bisherigen Therapien würde er dann – für den Datenschutz verschlüsselt – wieder an „Algea Care“ geschickt. So könne das medizinische Team die Anamnese schon vorbereiten.

100 bis 140 Euro pro Behandlung
Kämen die Ärzte zum Schluss, dass eine Cannabis-Therapie Sinn ergeben könnte, werde ein Termin in der Praxis vereinbart. „Durch die Vorbereitung ist die Vor-Ort-Anamnese ideal vorbereitet. Stellt der Arzt ein Rezept aus, kann der Patient dieses in der Apotheke einlösen.“ 100 bis 140 Euro kostet eine Behandlung beim Arzt. Auch eine anschließende telemedizinische Betreuung ist möglich. Rezepte werden aber nur vor Ort ausgestellt.

Nur gestrecktes Cannabis ist gefährlich
Der Arzt Konrad Cimander verschreibt seit 2017 in der eigenen Praxis medizinisches Cannabis und künftig in einer Kooperationspraxis in der Königstraße (Mitte). Er beantwortet Fragen zu dem Thema:

Was ist der Unterschied zwischen medizinischem Cannabis und dem Stoff vom Schwarzmarkt?
Im Prinzip wäre es identisch, wenn es sauber wäre. Aber da man nicht weiß, was man illegal gekauft hat, ist es problematisch. Was ist das für eine Blüte, hat sie viel oder wenig THC, oder werden sie sogar mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt? Die sind chemisch hergestellt, werden auf die Blüten gespritzt, um die Wirkung zu erhöhen. Die ist dann bis zu 600 Mal höher. Das ist brandgefährlich, kann sogar zum Tode führen.

Ist Cannabis gefährlich?
Kein Mensch ist weltweit je an der Intoxikation mit natürlichen Cannabis gestorben. Man kann unerwünschte Wirkungen haben. Und wenn Kinder und Jugendliche das nehmen, können natürlich Abhängigkeit und psychiatrische Krankheiten entstehen. Im höheren Alter ist so etwas eher unwahrscheinlich. In fünf Jahren mit weit über 100 Patienten hatte ich nicht eine schizoaffektive Störung, nicht eine Psychose – ausgelöst von Cannabis – gesehen. Das Gehirn ist circa ab 27 Jahren relativ ausgereift, die Suchtentwickung ist sehr selten. Es sei denn, man legt es darauf an. Wenn man mehr als zehn Jahre das Schmerzmittel Oxycodon schluckt – siehe in den USA die Oxycodonkrise, dann kann man natürlich von diesen starken Opoid abhängig werden. Aber von Phytocabannoiden kann man als Erwachsener praktisch nicht abhängig werden. Und man kann es auch von heute auf morgen absetzen.

In welchem Zustand kann das medizinische Cannabis eingenommen werden?
Die Inhaltsstoffe der Blüten werden nach Extraktion in Sesamöl oder anderen Ölen gelöst und als Tropfen eingenommen. Kommt es zur Anwendung von Blüten, werden sie über einen Verdampfer inhaliert. Man befüllt ihn mit einer ärztlich verordneten Menge, erhitzt ihn auf 180 bis 200 Grad und aktiviert dadurch das THC. Das erlaubt ein schnelles Anfluten bei Schmerzattacken wie bei Migräne oder bei epileptischen Anfällen, bei der äußerst schmerzhaften Nervenentzündung Trigeniusneuralgie,auch bei schwersten Spasmen und Tics, Tourette. Damit behandelt Kirsten Müller-Vahl sehr erfolgreich. Außerdem gibt es als dritte Form noch Sprays, die man in die Mundhöhle spritzt. rue

„Not der Patienten wird ausgenutzt“
Für die Psychiaterin und Neurologin Kirsten Müller-Vahl von der MHH ist es „Unsinn, dass es das erste Therapiezentrum für medizinisches Cannabis in Niedersachsen ist. Ich und auch andere Kolleg:innen verschreiben das seit Jahren, nämlich seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes 2017.“ Sie findet nicht, dass Algea Care „wirklich verantwortlich“ handele. „Man kann für viel Geld ärztliche Behandlungen buchen und hinterher ein Privatrezept kaufen.“ Es gehe nicht darum, dass die Kostenübernahme bei der Krankenkasse beantragt wird. „Da wird die Not von Patient:innen ausgenutzt, die keinen Arzt finden, der ihnen Cannabis-basierte Medikamente verschreibt oder deren gesetzliche Krankenkasse eine Kostenübernahme ablehnt.“

Mehrere tausend Patienten
Das sieht Wichmann naturgemäß anders. Es gebe auch Ärzte, die ihre Patienten „aufgrund unserer Spezialisierung zu uns schicken, das ist ja fast wie ein Ritterschlag“, so Julian Wichmann, der von „mehreren tausend Patienten“ an allen Standorten spricht. Cannabis sei ein komplexes Medikament, die Patienten bedürften einer umfassenden Betreuung. „Unsere Patienten können sich sieben Tage die Woche an uns wenden.“

Presseschau: Umfrage: Erstmals relative Mehrheit für Legalisierung von Cannabis (Deutscher Hanfverband)

Passend zu den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP sind 2 Umfragen erschienen, die zeigen, dass eine Mehrheit der Deutschen erstmals für eine Legalisierung von Cannabis ist. Der Deutsche Hanfverband (DHV) berichtete am 29. Oktober 2021 über die vom Verband in Auftrag gegebene Umfrage bei Infratest Dimap, nach der 49 % eher für eine Legalisierung und 46 % gegen eine Legalisierung von Cannabis für Erwachsene ist. Noch deutlicher fiel die Umfrage im ZDF-Politbarometer aus. Danach sind 53 % für eine Legalisierung rund 40 % dagegen.

Umfrage: Erstmals relative Mehrheit für Legalisierung von Cannabis

Zum ersten Mal hat sich bei einer repräsentativen Umfrage in Deutschland eine relative Mehrheit der Befragten für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Der Hanfverband feiert das Ergebnis als Meilenstein.

Mit 49 zu 46 Prozent ist es ein knappes Ergebnis. Es liegt innerhalb der statistisch möglichen Schwankungsbreite von drei Prozent, die Infratest Dimap für die Umfrage angibt. Das Institut weist darauf hin, es gebe "auch weiterhin keine absolute Mehrheit für eine Legalisierung". Diese wäre erst bei einer Zustimmung über 50 Prozent erreicht. Der Trend ist allerdings eindeutig. 2014 lag die Zustimmung noch bei 30 Prozent.

Der Deutsche Hanfverband (DHV) lässt seit 2014 jedes Jahr durch Infratest Dimap die Stimmung zur Cannabislegalisierung erfassen. Die Frage ist bis auf kleine Aktualisierungen bezüglich der Länder mit legalisierten Cannabismärkten wörtlich gleich geblieben. Der Deutsche Hanfverband hat bei der Formulierung ebenso viel Wert auf Neutralität gelegt wie Infratest Dimap. Konkret lautete die Frage dieses Jahr:

Über den gesetzlichen Umgang mit Hanf, auch bekannt als Cannabis oder Marihuana, wird international diskutiert. In Deutschland gibt es bislang ein strenges Verbot. In Kanada sowie demnächst neunzehn Bundesstaaten der USA können dagegen volljährige Personen Cannabis legal erwerben und teilweise ist auch gestattet, für den Eigenbedarf anzubauen. Stimmen Sie folgender Aussage hierzu eher zu oder eher nicht zu?

„Cannabis sollte für Volljährige legal und reguliert erhältlich sein, zum Beispiel über Fachgeschäfte wie in Kanada oder den USA.“

49 Prozent haben dieser Aussage "eher zugestimmt", 46 Prozent haben "eher nicht zugestimmt", 5 Prozent haben sich enthalten bzw. keine Angaben gemacht. Selbst wenn man das Ergebnis wegen der möglichen Fehlerquote nicht als Mehrheit für die Legalisierung interpretiert, ist umgekehrt jedenfalls klar: Das Verbot von Cannabis wird nicht mehr von einer Mehrheit der Deutschen befürwortet.

Der DHV wertet dieses Ergebnis als starken Rückenwind und als Signal an die Ampel-Parteien, auf Modellprojekte zur Cannabisabgabe zu verzichten und jetzt Nägel mit Köpfen zu machen.
Ein regulierter Markt ist allemal besser als ein Schwarzmarkt. Die Zeit ist reif für die Legalisierung von Cannabis, kommentiert DHV-Sprecher Georg Wurth das Ergebnis.
Für mich war es nach 25 Jahren Engagement für die Legalisierung von Cannabis ein ganz besonderer Moment, die Datei zu öffnen und das Ergebnis zu sehen. Der Deutsche Hanfverband ist jetzt Mainstream, wer hätte das gedacht!

Für weitere Details wie Parteianhängerschaft und unterschiedliche Antworten in verschiedenen Bevölkerungsgruppen stellen wir als Anhang zu dieser Pressemitteilung die vollständigen Daten zur Verfügung, wie wir sie von Infratest Dimap erhalten haben. Allerdings sind diese Ergebnisse wegen der kleineren Anzahl an Personen der jeweiligen Untergruppen weniger repräsentativ als das beim Ergebnis der Gesamtheit der Befragten der Fall ist. Grob lässt sich allerdings sagen, dass die Zustimmung bei Männern und Bessergebildeten hoch ist. Bei den Anhängern der Grünen ist die Zustimmung am höchsten, bei denen von CDU/CSU am niedrigsten.

Presseschau: Streit um Joint zwischen Rollstuhlfahrer und Polizisten eskaliert (Rhein-Neckar-Zeitung)

Durfte sich ein 28-jähriger Cannabispatient wehren, als Polizeibeamten sein Medikament beschlagnahmen wollten? Er durfte es nicht. So entschied nun ein Gericht.

Streit um Joint zwischen Rollstuhlfahrer und Polizisten eskaliert

Durfte Ben K. (Name geändert) sich wehren, als die Polizeibeamten seine Joints beschlagnahmen wollten? Durfte er – trotz eines Rezepts und eines Fahrtauglichkeitsgutachtens – fahren, nachdem er Marihuana geraucht hatte? Nein, entschied am Dienstag das Amtsgericht und verurteilte den 28-Jährigen unter anderem wegen tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte und Fahrens unter Drogeneinfluss zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten und einer Geldbuße von 500 Euro. Außerdem kann der auf den Rollstuhl angewiesene Ben K. erst in einem Jahr und neun Monaten wieder eine Fahrerlaubnis erlangen.

Alles beginnt damit, wie zwei Polizisten am 5. Juli letzten Jahres einen ungewöhnlichen Anblick erleben: Als ein VW Golf von der Sofienstraße in den Neckarstaden abbiegt, sehen sie die Füße des Fahrers aus dem Fenster hängen. Sogar die Schienbeine sollen noch zu sehen gewesen sein, erzählt einer der Beamten im Prozess. Er und sein Kollege verfolgen den Wagen und halten ihn vor dem Krankenhaus St. Vincentius an. Der Fahrer ist Ben K.

Bei der Verkehrskontrolle stellen sie fest, dass das Fahrzeug umgebaut wurde und nur mit den Händen gesteuert werden kann. Außerdem fragen sie, ob Ben K. Drogen genommen oder Alkohol getrunken habe. Freimütig gibt der junge Mann Auskunft: Er habe Marihuana konsumiert. Das sei ihm verschrieben worden, außerdem habe er ein Gutachten, das beweise, dass er mit dieser Medizin am Verkehr teilnehmen könne. Doch die Polizisten entdecken, dass er das Marihuana mit Tabak gemischt raucht – und nicht durch einen sogenannten Vaporisator verdampft und inhaliert.

Es sei nicht erlaubt, so am Verkehr teilzunehmen, er müsse mit auf die Wache kommen und seine Joints würden beschlagnahmt, habe der Polizist erklärt. Soweit sind sich alle Beteiligten einig. Doch dann eskaliert die Situation: Als die Beamten versuchen, die Dose mit den Joints aus dem Auto zu holen, soll Ben K. um sich geboxt, am Headset eines Beamten gezerrt und ihn gebissen haben. Die Polizisten rufen Verstärkung. Während sie warten, zündet sich Ben K. vor ihren Augen einen Joint an, weil er angeblich Krämpfe bekommen hat. Als die Verstärkung eintrifft, ziehen die Polizisten ihn aus dem Auto und fixieren ihn.

Zwei Tage liegt Ben K. anschließend im Krankenhaus. Er habe heute noch Beschwerden, sagt er vor Gericht. Die Fahrerlaubnis wird ihm entzogen, es flattert ein Strafbefehl ins Haus. Er sah die gleiche Strafe vor, die er jetzt – nachdem er dagegen Einspruch eingelegt hat – am Amtsgericht bekommt.

"Ich verstehe, dass Sie sich fühlen wie bei einem Kampf gegen Windmühlen", sagt der Staatsanwalt zu Ben K. Er sei mit der Medikation ein "Vorreiter", der viel kämpfen müsse, wegen der vielen Unklarheiten, die immer noch bestehen. "Sie sind nicht der übliche Angeklagte, der hier sonst sitzt", so der Staatsanwalt. Doch die Situation sei damals aus dem Ruder gelaufen. "Ich glaube auch, dass es sich hier hochgeschaukelt hat." Dennoch habe Ben K. mehrere Delikte begangen. Außerdem habe er Vorstrafen.

Ben K.s Anwältin Andrea Combé erklärt in ihrem Plädoyer, dass ihr Mandant sich im Recht gefühlt habe. "Warum auch immer er sich ganz sicher war, aber er war es." Dann würde es sich um einen sogenannten Verbotsirrtum handeln, bei dem – wenn der Irrtum vermeidbar war, wie in diesem Fall – die Strafe gemildert werden kann. Er nehme die Drogen nicht zum Spaß, sondern, um seine Symptome zu behandeln. Er sei auf das Auto angewiesen. "Ohne geht Nullkommanix", so Combé.

Ben K. hatte 2013 einen schweren Motorradunfall. Seitdem ist er auf den Rollstuhl angewiesen und hat starke Schmerzen. Seinen Beruf kann er nicht mehr ausüben und ist heute in Rente. Er will das Urteil anfechten.

Presseschau: Cannabis-Therapie bei psychischen Erkrankungen: „Sind mutiger geworden“ (Neue Presse)

Die Vorsitzende der ACM, Professorin Kirsten Müller-Vahl, spricht im Interview über die Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der medizinischen Behandlung. Potenzial sieht sie gerade bei psychischen Erkrankungen, bei denen anfangs die Vorsicht überwog.

Cannabis-Therapie bei psychischen Erkrankungen: „Sind mutiger geworden“

Kirsten Müller-Vahl ist Expertin für Cannabinoide in der Medizin. Die MHH-Professorin spricht im Interview über die Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der medizinischen Behandlung. Potenzial sieht sie gerade bei psychischen Erkrankungen, bei denen anfangs die Vorsicht überwog.

Pflanzen in einer Produktionsanlage für medizinisches Cannabis: Prof. Kirsten Müller-Vahl sieht viel Potenzial in cannabis-basierten Medikamenten.

Kirsten Müller-Vahl behandelt einen Teil ihrer Patientinnen und Patienten ebenfalls mit medizinischen Cannabis-Produkten. Die Professorin bietet an der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) die größte Sprechstunde für Tourette-Kranke in Deutschland. Sie schrieb unter anderem mit Franjo Grotenhermen das Buch „Cannabis und Cannabinoide – in der Medizin“

In welchen Fällen kann man Cannabis-basierte Medikamente verschreiben?

Seit 2017 können Ärzte Cannabis-basierte Medikamente per Privatrezept verordnen, sofern eine entsprechende Indikation besteht und die im Betäubungsmittelgesetz festgelegten Bestimmungen beachtet werden. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber aber erstmals überhaupt festgelegt, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen unter bestimmten Bedingen die Kosten für eine nicht zugelassene Therapie mit Cannabis-Medikamenten übernehmen müssen und zwar: a. wenn eine schwerwiegende Krankheit besteht, b. wenn kein anderes Medikament zur Verfügung steht oder im vorliegenden Einzelfall nicht zur Anwendung kommen kann und wenn c. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht. Das sind sehr dehnbare Formulierungen, weswegen es viele Rechtsstreitigkeiten gibt.

Bei welchen Indikationen ist die Sache klar?

Als etablierte Indikationen gelten Spastik bei Multipler Sklerose (MS), Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie bei Tumorerkrankungen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV und Aids sowie neuropathische Schmerzen. Dann kommt erst einmal eine Weile nichts. Und dann gibt es eine Vielzahl von Indikationen, bei denen es im Moment zwar keine Beweise, aber gut begründete Hinweise für eine Wirksamkeit gibt. In diesen Fällen streiten sich Patienten dann oft mit den gesetzlichen Krankenkassen bzw. dem medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) über die Kostenübernahme der Behandlung.

Welche Krankheiten bzw Beschwerden fallen darunter?

Verschiedene Schmerzerkrankungen wie Migräne und rheumatologische Erkrankungen, psychische Erkrankungen wie Tics und Tourette-Syndrom, aber auch Depressionen, ADHS, Autismus, posttraumatische Belastungsstörungen, auch neurologische Erkrankungen wie Spastiken, M. Parkinson, Dystonie, und viele weitere Erkrankungen wie Glaukom (erhöhter Augeninnendruck), Tinnitus oder entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa. Für all diese Erkrankungen gibt es Berichte, in denen Symptomverbesserungen beschrieben werden. Aber die Datenlage ist nach wie vor so schlecht, dass man nicht von Beweisen sprechen kann. Zur Klärung sind große kontrollierte Studien notwendig, wie sie auch sonst in der Medizin üblich sind.

Bei psychischen Erkrankungen scheiden sich aber die Geister, oder?

Als 2017 das Cannabis-Gesetz in Kraft trat, haben wir alle zur Vorsicht geraten, denn Cannabis hat eine Vielzahl psychotroper Effekte. Nach 4,5 Jahren haben wir aber viel klinische Erfahrung gewonnen und sind daher mutiger geworden: Heute gelten psychische Erkrankungen nicht mehr automatisch als eine Kontraindikation für eine Behandlung mit Cannabis-basierten Medikamenten. Ganz im Gegenteil: Es gibt zahlreiche psychische Erkrankungen, die man vermutlich sehr gut mit Cannabis-basierten Medikamenten bessern kann. Ganz oben stehen da das Tourette-Syndrom und die ADHS, aber auch posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Ich habe selber bei Patienten mit solchen Erkrankungen erstaunliche Symptomverbesserungen mit Cannabis-basierten Medikamenten erzielen können.

Presseschau: Medizinisches Cannabis – DRAPALIN arbeitet an nichtinterventioneller Studie zur Cannabistherapie bei ADHS und fragt Teilnahme von interessierten Ärzten an. (Gesundheit Adhoc)

Der Importeur von medizinischem Cannabis aus Südafrika plant eine Beobachtungsstudie mit seinem Produkt bei ADHS.

DRAPALIN arbeitet an nichtinterventioneller Studie zur Cannabistherapie bei ADHS und fragt Teilnahme von interessierten Ärzten an.“

Medizinal-Cannabis hat sich bei vielen Erkrankungsbildern bereits als Therapieoption etabliert. Dennoch gibt es noch viele Anwendungsbereiche, in denen zwar zahlreiche Patienten erfolgreich mit Cannabis therapiert werden, dies aber bisher wenig Beachtung in der Forschung gefunden hat. In diesen Fällen gibt es etliche vielversprechende Patientenerfahrungen, fundierte Daten zur medizinischen Wirksamkeit sind allerdings noch spärlich. An diesem Punkt möchte die Drapalin Pharmaceuticals GmbH mit einer nichtinterventionellen Studie zur Anwendung von medizinischem Cannabis bei ADHS bei Erwachsenen ansetzen.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zählt mit einer geschätzten Prävalenz von 5% zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Bei über der Hälfte der Betroffenen bleiben die Symptome allerdings auch im Erwachsenenalter bestehen und beeinträchtigen stark das alltägliche Leben der Patienten.

Seit dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Einsatzes von Cannabis zu medizinischen Zwecken im Jahr 2017 profitieren bereits einige ADHS-Patienten von Medizinal-Cannabis und erleben durch diese Therapie eine deutliche Verbesserung Ihrer Lebensqualität. 1

DRAPALIN möchte mit einer Anwendungsbeobachtung (AWB) dazu beitragen, das Wissen um den Einsatz von Medizinal-Cannabis bei ADHS zu erweitern. Die AWB wird dabei nach den im AMG geforderten Vorgaben durchgeführt. DRAPALIN sind hierbei Transparenz und Objektivität bei deren Durchführung wichtig. Ziel ist es dabei, das Bewusstsein für den Einsatz von Medizinal-Cannabis bei ADHS zu schärfen und gleichzeitig einen Beitrag über dessen Wirksamkeit zu leisten.

„Interessierte Ärzte sind herzlich eingeladen, an dieser AWB mitzuwirken. Gerne dürfen diese auf unser Haus zukommen, um über den konkreten Inhalt der AWB informiert zu werden“, sagt Lana Korneva, Mitgründerin und Geschäftsführerin von DRAPALIN. Die AWB wird in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Auftragsforschungsinstitut durchgeführt, wodurch sichergestellt ist, dass die Ergebnisse schließlich auch wie im AMG gefordert zusammengefasst und der Arzneimittelüberwachungsbehörde zur Verfügung gestellt werden.

Die Teilnahme an der AWB bietet Ärzten dadurch die Möglichkeit, die Zukunft der Patienten-individuellen Therapien aktiv mitzugestalten und einen Beitrag zur Erweiterung des Wissens um die Wirksamkeit und Einsatzmöglichkeit von Medizinal-Cannabis zu leisten.

Presseschau: Cannabis ist längst Teil des Alltags – die Kriminalisierung muss weg (Welt)

In einem Gastbeitrag für die Welt sprechen sich der ehemalige drogenpolitische Sprecher der SPD, Burkhard Blienert, sowie Rechtsanwalt Kai-Friedrich Niermann für ein Ende der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten aus.

Cannabis ist längst Teil des Alltags – die Kriminalisierung muss weg

Einerseits gibt es in der Politik seit einiger Zeit eine positivere Sicht auf Cannabis. Zugleich aber nimmt die Strafverfolgung von Händlern und Konsumenten zu, sogar bei unbedenklichem Nutzhanf. Die neue Regierung sollte mit der Legalisierung endlich das Rechtschaos beseitigen.

Das Ergebnis der Bundestagswahl steht fest, und die Debatte um die Legalisierung von Cannabis hat an Fahrt aufgenommen. Mit den Grünen und der FDP werden zwei Parteien Teil der neuen Bundesregierung, die sich seit Jahren für einen anderen Umgang mit Cannabis einsetzen und eine Legalisierung ausdrücklich in ihren Wahlprogrammen gefordert haben. Die SPD steht einer Reform ebenfalls offen gegenüber.

Eingeleitet wurde die neue Sicht auf Cannabis 2017, als die medizinische Anwendung legalisiert wurde. Seitdem hat sich neben dem Schwarzmarkt für Tetrahydrocannabinol-Produkte, oder kurz THC, noch ein weiterer Markt etabliert, von dem man zu jener Zeit nicht einmal ahnen konnte, dass er überhaupt vorhanden war: der Markt für Cannabidiol-Produkte, oder kurz „CBD“. Er umfasst CBD-Blüten, Kosmetik mit CBD und natürlich die CBD-Öle.

Auf der anderen Seite sehen wir ein verstärktes Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen jegliche dieser Produktkategorien. Neben den ca. 185.000 Delikten im Bereich des Freizeit- oder THC-Cannabis, mit denen sich die Rechtspflege Jahr für Jahr beschäftigen muss, sind nunmehr auch tausende Strafverfahren gegen Händler und Konsumenten völlig unbedenklicher Nutzhanfprodukte dazugekommen. Unternehmen, die seit 20 Jahren erfolgreich Produkte aus Hanf vermarkten, werden derzeit in ihrer Existenz gefährdet.

Strafverfahren sind keine Bagatellen für die Betroffenen. Es ist offensichtlich, dass zwischen der gesellschaftlichen Wirklichkeit und der Welt des Rechts und seiner Anwendung mittlerweile Welten liegen. Es ist nicht Sinn von Gesetzen, eine andere Realität zu beschreiben, die mit den Menschen und der Rechtsprechung anschließend nichts mehr zu tun hat.

Es ist der Freiheitsgedanke und das Recht auf Selbstbestimmung, auf die es in einer Demokratie ankommt. Versucht der Staat aber dennoch, ein gesetzliches Verbot durchzusetzen, obwohl es ihm unmöglich ist, das angestrebte Ziel zu erreichen, untergräbt er damit dauerhaft das Vertrauen und den Respekt seiner Bürgerinnen und Bürger in ihn als Institution.

Wenn der Staat die Kontrolle verliert, dann stärkt das die Schattenwirtschaft und die organisierte Kriminalität. Wir sprechen allein bei Cannabis über einen Umsatz von mehreren Milliarden Euro. Das Resultat sehen wir nicht zuletzt im erfolgreichen Mordanschlag auf den niederländischen Journalisten de Vries im Sommer 2021.

Wir haben bereits einen Schwarzmarkt im Bereich des THC-Cannabis, einen weiteren Schwarzmarkt für CBD und Hanfprodukte braucht Deutschland nicht. Der CBD-Markt ist allgegenwärtig im Alltag der Menschen angekommen. Millionen von Konsumenten von THC- und CBD-Produkten haben ein Recht darauf, kontrollierte und sichere Produkte zu erlangen, anstatt auf den unregulierten Schwarzmarkt mit all seinen Gesundheitsgefahren angewiesen zu sein und anschließend dafür noch kriminalisiert zu werden.

Wir fangen nicht von null an. Viele Verbände und Organisationen, Wissenschaft und Forschung, und Einzelpersönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Bereichen haben sich in der Vergangenheit an den unterschiedlichen Debatten, zum Beispiel beim Gesundheitsschutz und der Entlastung von Polizei und Justiz, beteiligt. Doch die Politik hat bisher daraus keine Impulse abgeleitet, wie eine fortschrittliche Drogen- und Suchtpolitik im 21. Jahrhundert aussehen kann.

Deutschland braucht eine grundsätzliche Reform und eine tief greifende neue Struktur in der gesamten Drogen- und Suchtpolitik. Wir fordern deshalb die Einsetzung einer Expertengruppe im Bundestag, um innerhalb der ersten 100 Tage eine Entkriminalisierung von Cannabis und Nutzhanf zu beschließen, damit die zigtausend laufenden Strafverfahren beendet werden können.

Es müssen umgehend die Voraussetzungen für kommunale Modellprojekte zur regulierten und kontrollierten Abgabe von Cannabis für 2022 und 2023 geschaffen werden, mit dem Ziel, dass bis 2024 ein funktionierender Rechtsrahmen für einen legalen Cannabis-Markt in ganz Deutschland im Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden kann.

Die Bundesregierung muss eine internationale Initiative zur Neuorientierung der weltweiten Drogenpolitik als Teil der Menschenrechtspolitik, der Sicherheits- und Stabilitätspolitik sowie der Sozial- und Gesundheitspolitik auf den Weg bringen. Die Finanzierung der Suchtberatung und Prävention, insbesondere bei Jugendlichen, und die Stärkung der beruflichen Wiedereingliederung von Suchterkrankten muss deutlich verbessert und dauerhaft sichergestellt sein.

Der Zugang zu medizinischem Cannabis muss niederschwellig sein. Die Therapiehoheit des Arztes muss noch stärker betont werden. Die Indikationsanzeige darf nicht regulierend eingesetzt werden, sondern orientierend. Ärztinnen und Ärzte müssen darüber hinaus keinen Regress befürchten. Die Fortbildung zum medizinischen Cannabis muss verstärkt angeboten und Teil des Medizinstudiums werden. Patienten, die mit Cannabis therapiert werden, müssen unterstützt und nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Der Ausbau und die Förderung einer unabhängigen Forschung im Rahmen einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit muss gefördert werden. Auf europäischer Ebene muss sich Deutschland für eine Harmonisierung des Rechtsrahmens für medizinisches Cannabis einsetzen.

Es ist Zeit zu handeln, fangen wir endlich an!

Presseschau: Drogenbeauftragte Ludwig warnt vor Legalisierung von Cannabis (Deutsches Ärzteblatt)

Die noch kommissarisch im Amt sitzende Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU) hat noch einmal begründet, warum ihre Zeit als Drogenbeauftragte abgelaufen ist.

Drogenbeauftragte Ludwig warnt vor Legalisierung von Cannabis

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), warnt SPD, Grüne und FDP vor einer Legalisierung von Cannabis. „Zugunsten eines vermeintlichen Zeitgeistes die Gesundheit der Bevölkerung zu riskieren, kann und sollte nicht Ziel der neuen Bundesregierung sein“, sagte sie der Rheinischen Post heute.

Aus unzähligen Studien sei bekannt, dass regelmäßiger Konsum zu schweren psychischen Störungen führen könne, ins­besondere bei Jugendlichen, die sich noch in der körperlichen Entwicklung befänden.

„Kiffen ab 18 ist alles andere als harmlos und gibt außerdem keine Antwort auf die Frage nach besserem Jugendschutz“, sagte Ludwig. „Die Legalisierung von Cannabis verharmlost die Gefährlichkeit dieser Dro­ge.“

SPD, Grüne und FDP befürworten grundsätzlich eine Legalisierung von Cannabis. Unterschiede gibt es bei den genauen Bedingungen, unter denen dies passieren könnte. Vor dem Hintergrund der Gespräche hatte es zuletzt eine öffentliche Debatte über Für und Wider der Freigabe gegeben.

Unter anderem hatte der größte katholische Sozialverband Caritas gefordert, den Konsum der Droge nicht länger zu kriminalisieren. Es müsse „um eine Entkriminalisierung gehen und um eine Vereinheit­lichung der Praxis auf Bundesebene“, sagte der Geschäftsführer der Caritas Suchthilfe, Stefan Bürkle, kürzlich den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Eine Legalisierung von Cannabis „im Sinne einer vollständigen Freigabe“ an alle lehnte Bürkle hingegen ab. Mit einer pauschalen Antwort auf die Frage der Legalisierung „würde man es sich zu leicht machen angesichts der vielen Themen, die damit zusammenhängen“. Das betreffe unter anderem die Frage, wie gesundheitliche Schäden durch das Rauschgiftmittel geringgehalten werden können.

Die Hilfsorganisation begrüße jedoch, dass über Alternativen zur aktuellen „Verbotspraxis“ diskutiert wird, sagte Bürkle weiter. „Hierzu können Modellprojekte sinnvoll sein, die Möglichkeiten der kontrollier­ten Abgabe erproben.“ Auch die Einrichtung einer Enquete-Kommission, „die sich dem Ganzen als gesell­schaftl­iches Thema annähert“, sei sinnvoll. © kna/aerzteblatt.de

Einige weitere Pressemeldungen der vergangenen Tage

Rekord-Investment: 10 Millionen Euro für Algea-Mutter (Apotheke ADHOC)

BVVA wird Dachverband für weitere Spezialversorger (Deutsche Apotheker Zeitung)

FDP: Cannabis soll mit „gesundheitlicher Aufklärung“ verkauft werden (Deutsches Ärzteblatt)

Cannabis bei chronischen Schmerzen: Kommt eine reguläre Zulassung? (Aponet)

Was bringt Cannabis in der Medizin wirklich? (Frankfurter Rundschau)

Hanfmesse Mary Jane: Unter Goldgräbern (Wirtschaftswoche)

Ab Mitte 2022 verkaufen Basler Apotheken Cannabis als Medizin (Bayerischer Rundfunk)

Vier Jahre Cannabis als Medikament – und noch immer Vorbehalte (Badische Zeitung)

Neun Antworten auf Fragen zu Cannabis (Apotheken Umschau)

FDP-Generalsekretär plädiert für Vorsicht bei Legalisierung von Cannabis (Gesundheit.de)

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