Liebe Leserin, lieber Leser,
die Bundesregierung hat kürzlich eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur geplanten Legalisierung von Cannabis beantwortet. Die Antworten zeigen, wie komplex die Thematik ist.
Die bereits im Dezember angekündigte erste Cannabissorte von Felder Green ist nun in deutschen Apotheken erhältlich. Mit jedem Verkauf will das Unternehmen die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) ganz konkret unterstützen, denn für jedes verkaufte Gramm spendet sie der ACM 0,10 €. Wer die Sorte als Patient ausprobiert oder als Arzt verschreibt, unterstützt nicht nur die ACM, sondern erhält auch ein günstiges Produkt, denn der Abgabepreis für die Sorte FG 18.01 an die Apotheken beträgt 6,50 € und ist damit deutlich günstiger als die meisten anderen Sorten auf dem Markt. Felder Green kann kurzfristig jeder Apotheke beliefern.
Noch 4 Wochen bis zur nächsten kostenlosen virtuellen Fortbildungsveranstaltung für Ärzt:innen der ACM am 2. April 2022. Sie erfahren dort alles Wesentliche, um Patient:innen mit cannabisbasierten Medikamenten behandeln zu können und Ihr Wissen zu vertiefen. Wir freuen uns auf Sie!
Vormerken: Die nächste IACM-Konferenz findet vom 20. bis 21. Oktober 2022 in Basel, Schweiz statt. Wir führen sie in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Cannabis in der Medizin durch.
Stoppt den Krieg in der Ukraine!
Zeigen wir unsere Solidarität mit dem ukrainischen Volk!
Franjo Grotenhermen
Inhalt:
- Wohin mit Cannabisextrakten und Cannabisblüten kurz vor dem Haltbarkeitsdatum?
- Presseschau: Gericht: Cannabis-Arznei nur unter engen Voraussetzungen (Stern)
- Presseschau: Angela Merkel und Jan Böhmermann warten auf Urteile (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)
- Presseschau: Cannabis Anbieter startet Preisoffensive (Deutsche Apotheker Zeitung)
- Presseschau: Medizinalhanf: Politik ist zum Handeln aufgerufen (OTS Österreich)
Wohin mit Cannabisextrakten und Cannabisblüten kurz vor dem Haltbarkeitsdatum?
Sie sind Geschäftsführer oder Mitarbeiter eines Unternehmens, das Medikamente auf Cannabisbasis für den deutschen Markt importiert und Sie haben gelegentlich Chargen von Produkten, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen? Sie möchten diese nicht vernichten, sondern günstig abgeben?
Dann sind Sie herzlich eingeladen, sich bei der ACM zu melden (info@arbeitsgemeinschaft-cannabis-medizin.de). Die ACM eröffnet Unternehmen im Cannabisbereich die Möglichkeit, Produkte, die kurz vor dem Ablauf stehen, im E-Mail-Verteiler des SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin), eine Patientenorganisation innerhalb der ACM und damit die größte Vertretung von Cannabispatienten in Deutschland, zu einem günstigen Preis anzubieten. Wenn es sich um größere Mengen handelt, können wir auch gern kurz in den ACM-Mitteilungen darauf hinweisen.
Aktuell bietet die Adven GmbH aus Hamburg 30 ml Extrakt Adven 30/0 zu einem Preis von 161,50 Euro an. Er enthält 30 mg THC pro Milliliter, sodass ein Fläschchen mit 900 mg THC mehr THC enthält als eine Packung Sativex (810 mg THC). Der Extrakt ist in den großen deutschen Cannabisapotheken erhältlich.
Presseschau: Gericht: Cannabis-Arznei nur unter engen Voraussetzungen (Stern)
Der rigide Umgang der Krankenkassen mit der Kostenübernahme wird häufig von den Sozialgerichten gedeckt. Eine Lösung der unbefriedigenden Situation für viele Patienten verlangt daher eine Änderung des Gesetzes.
Gericht: Cannabis-Arznei nur unter engen Voraussetzungen
Kassenpatienten und -patientinnen dürfen Arzneimittel mit Cannabis nach einem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen bekommen. Eine Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung komme erst in Betracht, «wenn geeignete, allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethoden nicht mehr zur Verfügung stehen», teilte das Gericht am Montag mit. Es lehnte die Klage eines Mannes gegen eine Krankenkasse ab. Der Kläger könne dagegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg in Berufung gehen (Az.: S 15 KR 2520/20, Urteil vom 27. Januar 2022).
Medizinisches Cannabis ist in Deutschland seit 2017 erlaubt und darf von Ärzten verschrieben werden, etwa zur Schmerzlinderungen bei Schwerkranken. Seitdem hat das Mittel einen Boom erlebt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Therapien in vielen Fällen. Im Sommer 2021 begann der staatliche organisierte Verkauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken an Apotheken in Deutschland.
Im konkreten Fall ging es um einen 27-Jährigen, bei dem Ärzte ein chronisches Schmerzsyndrom diagnostiziert hatten. Verschiedene Schmerzmittel linderten die Probleme an Rücken und Beinen nicht, weshalb der behandelnde Mediziner laut Gerichtsmitteilung ein Mundspray verordnete, das Cannabisextrakte enthält. Damit habe sich die Situation des Patienten deutlich verbessert.
Doch die Krankenkasse wollte die Kosten für das sogenannten Medizinal-Cannabis nicht übernehmen und verwies auf alternative Behandlungsmöglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft seien – wie eine sogenannte multimodale Therapie, ein aktivierendes Training, Rehabilitationsbehandlungen und eine psychotherapeutische Mitbehandlung. Das Sozialgericht stützte diese Sichtweise mit seiner jetzt veröffentlichten Entscheidung und Verweis auf die Gesetzeslage.
Presseschau: Angela Merkel und Jan Böhmermann warten auf Urteile (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)
Die WAZ berichtete am 23. Februar 2022 über laufende Gerichtsverfahren, bei denen in diesem Jahr mit einem Urteil durch das Bundesverfassungsgericht zu rechnen ist. Dabei soll auch über die Verfassungsmäßigkeit des Cannabisverbots entschieden werden.
Angela Merkel und Jan Böhmermann warten auf Urteile
(…)
Noch in diesem Jahr will das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich ein Urteil zum Cannabisverbot verkünden. Es dürfte nicht zuletzt politisch richtungsweisend sein. Das erklärt womöglich, warum die Parteien der Ampel-Koalition – SPD, FDP und Grüne – mit dem Projekt einer Cannabis-Freigabe keine Eile haben. Sie warten das Signal aus Karlsruhe ab.
Gleich vier Amtsgerichte hatten wegen des geltenden Cannabisverbotes Karlsruhe angerufen. Sie halten die Strafbarkeit aus zwei Gründen für verfassungswidrig: Weil sie "unverhältnismäßig" in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreife und weil es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, Cannabis zu verbieten, während das Rauschmittel Alkohol legal sei.
**Cannabis-Liberalisierung: Mit dem Segen aus Karlsruhe?
Gerichtspräsident Stephan Harbarth ist sich wohl bewusst, dass die Klagen zu den Liberalisierungsplänen der Ampel passen; und ein Richterspruch politische Folgen haben dürfte. Im "früheren Leben" war er selbst Politiker und saß für die CDU im Bundestag.
Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021 kommt es darauf an, welche Entscheidungen die neun Richterinnen und sieben Richter (je acht im Ersten und Zweiten Senat) in Aussicht stellen – und welche Klagen Harbarth unerwähnt lässt. So geht er – wohl kaum ein Zufall – mit keinem Wort auf eine ein.
(…)
Presseschau: Cannabis Anbieter startet Preisoffensive (Deutsche Apotheker Zeitung)
Das Unternehmen IMC/Adjupharm will die Preise für Cannabisblüten deutlich senken, damit Patienten nicht mehr gezwungen sind, sich im Falle einer Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen auf dem Schwarzmarkt zu versorgen.
Cannabis-Anbieter startet Preisoffensive
IMC/Adjupharm sieht sich gezwungen, die Preise für Medizinalcannabis auf Schwarzmarktniveau zu senken. In einem offenen Brief appelliert der deutsch-israelische Cannabis-Anbieter an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: Bevor Patienten, die ihre Behandlung selbst bezahlen, illegal Cannabis beziehen müssten, will IMC/Adjupharm aus eigener Kraft die Versorgung auf diese Weise sicherstellen. Ist das eine Kampfansage an die kanadischen Marktführer?
Seit fünf Jahren dürfen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken verordnen. Die Abgabe und Beratung zur Anwendung der Hanfblüten, Extrakte und entsprechender Fertigarzneimittel findet in den Apotheken statt. Statistiken aus dem System der gesetzlichen Krankenkassen machen deutlich, dass es sich um eine dynamische Marktentwicklung mit erheblichen Zuwachsraten handelt: Laut Analysen der GKV-Arzneimittel-Schnellinformation (GAMSI) betrug der Bruttoumsatz rund 27 Millionen Euro in 2017, 73,5 Millionen in 2018, 123 Millionen in 2019 sowie 165 Millionen in 2020. Für das vergangene Jahr könnten die prognostizierten Ausgaben bei mehr als 170 Millionen Euro liegen, basierend auf den GAMSI-Daten der ersten drei Quartale 2021.
Doch wie wird sich die Versorgung mit Medizinalcannabis weiterentwickeln? Vor allem im Zusammenspiel mit einer Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken, wie es die aktuelle Bundesregierung in Aussicht stellt? Die israelische IM Cannabis Corp. mit ihrer deutschen Tochtergesellschaft Adjupharm hat Bedenken und teilt diese im Rahmen eines offenen Briefes Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit. Zugleich kündigt der Anbieter eine bisher beispiellose Preisoffensive auf dem deutschen Cannabis-Markt an und wird damit den Wettbewerb um Marktanteile und Marktführerschaft weiter anheizen.
Ausgehend von einer Pressemitteilung der Barmer aus 2020, nach der mehr als zwei Drittel der Cannabis-Anträge bewilligt werden, zieht IMC/Adjupharm den Umkehrschluss, dass somit etwa jeder dritte Antrag auf Erstattung abgelehnt würde und immer mehr Patientinnen und Patienten ihre Behandlung selbst bezahlen müssten. Dabei sei völlig unklar, „wie viele von ihnen sich mit dem wesentlich günstigeren ‚Schwarzmarktcannabis‘ versorgen – obwohl Verunreinigungen durch Schwermetalle oder Schimmelpilze, Schwankungen in den Wirkstoffkonzentrationen oder gar substanzfremde Verlängerungen aus einer wichtigen Therapie ein gefährliches Glücksspiel machen können.“
IMC/Adjupharm-Geschäftsführer Richard Balla appelliert an Lauterbach, all dies durch den gesicherten Zugang zu Medizinalcannabis in pharmazeutischer Qualität zu verhindern. Um einer drohenden Banalisierung selbst proaktiv entgegenzuwirken, hat sich der Anbieter dazu entschlossen, eine Preisoffensive auf dem deutschen Cannabis-Markt zu starten. Medizinalcannabis in Blütenform will der Anbieter mit sofortiger Wirkung auf gängigem Schwarzmarktpreisniveau den Endverbrauchern zugänglich machen. Balla betont: „Selbstverständlich werden wir auch weiterhin alle Vorgaben für Anbau und Verarbeitung von medizinischem Cannabis in pharmazeutischer Qualität einhalten und die Apotheken in Deutschland zuverlässig beliefern.“
Presseschau: Medizinalhanf: Politik ist zum Handeln aufgerufen (OTS Österreich)
Die ACM Österreich fordert zum Thema Cannabis als Medizin eine „zeitgemäße Gesetzeslage im Sinne der Patienten“.
Medizinalhanf: Politik ist zum Handeln aufgerufen
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin pocht angesichts einer aktuellen „profil“ Umfrage auf eine zeitgemäße Gesetzeslage im Sinne der Patienten.
Wien/Österreich (OTS) – Während sich die Mehrheit der Bevölkerung (78%) längst für die Abgabe von Cannabisblüten aus medizinischen Gründen ausspricht, blockiert die schwarz-grüne Bundesregierung eine Gesetzesänderung. Österreich ist hier Schlusslicht, während Länder wie Kanada, Israel, Schweiz, die Niederlande und seit 2017 auch Deutschland erfolgreich auf den Einsatz der Cannabisblüten in der Medizin setzen.
In einer vom Meinungsforschungsinstitut Unique research für die aktuelle Ausgabe von „profil“ durchgeführte Umfrage spricht sich eine relative Mehrheit der Österreicher für die Legalisierung von Cannabis aus. Sehr große Zustimmung gibt es für die Abgabe von Cannabisblüten aus medizinischen Gründen: 78% sind dafür (51% antworten mit „ja, absolut“, 27% mit „eher ja“), 15% sind dagegen.
Österreich bildet mit Ungarn Schlusslicht in Europa
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin appelliert seit Jahren an die Gesundheitsminister, für eine Gesetzesänderung im Sinne der Patienten zu sorgen. Doch seit Jahren stoßen Experten und betroffene Patienten auf taube, politische Ohren. Während Österreichs Nachbarländer – mit Ausnahme von Ungarn – längst auf eine liberale, zeitgemäße Gesetzlage setzen, dominieren in der heimischen Politik Ideenlosigkeit und mangelndes Interesse für die Anliegen der Patienten. Gegen den internationalen Trend ist eine Heilbehandlung mit qualitätsgeprüften Cannabisblüten und pflanzlichen Extrakten in Österreich illegal. Zulässig ist nur die Behandlung mit synthetischem und halbsynthetischem Cannabis, meist in Form von Dronabinol. Die monatlichen Kosten liegen für chronische Patienten bei 600 bis 800 Euro.
Cannabisextrakte als leistbare Alternative
„Durch eine genaue Auslese der Cannabissubstanzen und unter medizinischer Anleitung wäre eine für die Patienten wirkungsvolle wie leistbare Behandlung problemlos möglich. Tees und Tropfen aus natürlichen Cannabinoiden sind sehr gut verträglich und einfach in der Anwendung“, sagt Kurt Blaas. Der Allgemeinmediziner ist seit 1998 auf Cannabismedizin spezialisiert und behandelt seine Patienten mit synthetischen und natürlichen Cannabinoiden. Eine Legalisierung von Medizinalhanf ist ihn nur mehr eine Frage der Zeit. „Die Patienten lassen sich heute nicht mehr mit überteuerten synthetischen Produkten abfertigen, wenn leistbare, hochwertige Extrakte und Cannabisblüten besser und ohne Nebenwirkungen sind. Diese Patienten haben ein Recht darauf, nicht länger kriminalisiert zu werden“, sagt Blaas.
Experten pochen auf Cannabisblüte in der Medizin
Experten wie der deutsche Arzt und Cannabisspezialist Franjo Grotenhermen, Vorsitzende der International Association for Cannabinoid Medicines, fordern seit Jahren die Cannabisblüte in der Medizin als Rohmaterial zuzulassen, um daraus standardisierte Extrakte mit normierten Werten zu produzieren. Die Forschung gibt Hinweise darauf, dass sich die Wirksamkeit der Cannabispflanze nicht auf Einzelsubstanzen oder synthetische Derivate beschränken lässt. Der Deutsche Bundestag gab bereits Anfang 2017 den Einsatz von Cannabis für medizinische Zwecke frei.