Suche
Close this search box.

ACM-Mitteilungen vom 30. September 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Bundesrat hat auf seiner Sitzung am 29. September an den Plänen der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis Kritik geübt, zugleich aber mehrheitlich festgestellt, dass das Gesetz vom Bundesrat nicht gestoppt werden kann, da es nicht zustimmungspflichtig sei, wie zuvor vor allem Politiker aus CDU und CSU reklamiert hatten.

Am 27. September haben ACM und SCM zusammen mit anderen Verbänden einen 10-Punkte-Plan für eine Reform des medizinischen Cannabisgesetzes (MedCanG) vorgestellt. Die wesentlichen Punkte sind in einer Pressemitteilung mit dem Tenor „Cannabis legal, Patient:innen egal“ veröffentlicht.

Abschließend noch eine gute Nachricht zum „Fachsymposium Cannabinoide in der Medizin 2023“ von ACM und BPC (Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen) am 28. Oktober 2023 in Frankfurt: Die Landesärztekammer Hessen vergibt 7 CME-Punkte für teilnehmende Ärztinnen und Ärzte. Ein gedruckter Flyer kann bei der ACM angefordert werden.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Inhalt

Pressemitteilung: Cannabis legal, Patient:innen egal? Gemeinsame Forderungen der Fachverbände gegen die Diskriminierung von Patient:innen im Cannabisgesetz (CanG / MedCanG)

Acht Fachverbände haben einen 10-Punkte-Plan für eine MedCanG-Reform zu Veränderungen am bisher geplanten Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) vorgestellt.

Berlin, 27.09.2023: Die Bundesregierung hat mit ihrem Kabinettsbeschluss für ein Cannabisgesetz (CanG) einen konkreten Reformvorschlag vorgestellt, der eine wegweisende -Regulierung zur Entkriminalisierung von Konsumcannabis sowie zur Einführung von Anbauclubs vorsieht. Parallel dazu werden die Regelungen für Medizinalcannabis in das neu geschaffene Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) überführt, was von den Fachverbänden ausdrücklich begrüßt wird. Während einige der vorgeschlagenen Änderungen als positive Schritte gewertet werden, bestehen große Bedenken hinsichtlich der anhaltenden Diskriminierung von Cannabispatient:innen. Insbesondere das vorgeschlagene Verbot der Inhalation von Medizinalcannabis in der Öffentlichkeit wird als vollkommen unzumutbar und realitätsfern angesehen.

Neun Fachverbände für Medizinalcannabis haben nun zehn Forderungen für eine umfassende Reform des Gesetzesentwurfs ausgearbeitet und in einem gemeinsamen Positionspapier vorgestellt:

  • Einnahme der Cannabismedikation für Cannabispatient:innen uneingeschränkt ermöglichen: Die im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Abstandsregelungen für Patient:innen müssen gestrichen werden.

  • Gleichbehandlung von Cannabispatient:innen im Straßenverkehr schaffen: Cannabispatient:innen dürfen im Straßenverkehr nicht diskriminiert werden und ein fairer Umgang mit Ihrer Situation muss sichergestellt werden.

  • Genehmigungsvorbehalt schadet Patient:innen: Unnötige bürokratische Hürden, die den Zugang zu und die Kostenerstattung von medizinischem Cannabis erschweren, müssen abgebaut werden.

  • Therapiehoheit der Ärzteschaft wahren: Ärzt:innen müssen die uneingeschränkte Befugnis behalten, die besten Therapieoptionen für ihre Patient:innen auszuwählen.

  • Unnötige Strafvorschriften für medizinisches Cannabis streichen: Strafen, die Patient:innen aufgrund der legalen Anwendung von medizinischem Cannabis treffen könnten, müssen gestrichen werden.

  • Gleichbehandlung von Fertigarzneimitteln und Rezepturarzneimitteln wiederherstellen: Es darf keine Benachteiligung von Patient:innen geben, die auf spezielle Rezepturarzneimittel angewiesen sind.

  • Forschungsvorhaben für Cannabistherapien fördern: Die Erforschung von Cannabis als Therapieoption muss durch staatliche Förderung aktiv unterstützt und vorangetrieben werden.

  • Rechtssicherheit für medizinisches Cannabis schaffen: Es braucht keine separate Cannabis-Rx-Arzneimittel-Regulierung und keine Sicherungsanordnungsbefugnis für das BfArM.

  • Bundeseinheitliche Regelungen zur Einstufung von Cannabis als Arzneimittel schaffen: Einheitliche Standards und Klassifikationen für medizinisches Cannabis müssen deutschlandweit etabliert werden.

  • Lizenzverfahren für den Anbau in Deutschland ermöglichen: Die Möglichkeit, medizinisches Cannabis in Deutschland anzubauen, muss erweitert werden, um eine sichere und nachhaltige Versorgung zu gewährleisten.

Das gemeinsame Positionspapier der unterzeichnenden Fachverbände mit detaillierten Erläuterungen der genannten Forderungen finden Sie hier. Die Fachverbände setzen sich mit Nachdruck für diese Reformen ein, um sicherzustellen, dass Cannabispatient:innen angemessen versorgt und diskriminierungsfrei behandelt werden.

Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)

Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V. (BDCan)

Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW)

Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC)

Deutsche Medizinal-Cannabis Gesellschaft e.V. (DMCG)

Interdisziplinärer Arbeitskreis Brandenburger Schmerztherapeuten und Palliativmediziner e.V. (IABSP)

Patientenverband Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin (SCM)

Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA)

Presseschau: Bundesrat fordert Nachbesserungen (Tagesschau)

Der Bundesrat fordert Nachbesserungen bei der geplanten Legalisierung von Cannabis durch die Bundesregierung, hat aber zugleich merklich festgestellt, dass das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungsbedürftig ist, also vom Bundesrat nicht blockiert werden kann.

Bundesrat fordert Nachbesserungen

Wer soll die geplante Cannabis-Legalisierung kontrollieren? Und was taugen die Jugendschutz-Regelungen in der Praxis? Der Bundesrat hat Klärungsbedarf angemeldet. Nun ist die Bundesregierung gefragt.

Der Bundesrat hat die Bundesregierung zu Nachbesserungen beim Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung aufgefordert. In der aktuellen Fassung sei ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Kontrolle der Bestimmungen zu erwarten, heißt es in einer mehrheitlich verabschiedeten Stellungnahme der Länder. Diese fordern den Bund unter anderem auf, die Kontroll- und Vollzugsaufgaben so zu regeln, dass für sie kein zusätzlicher Personal- und Finanzbedarf entsteht.

Verlangt werden zudem Maßnahmen der Verkehrsunfallprävention, die Festlegung von Standards für die Sicherung von Anbaueinrichtungen und gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards für die Erstellung von Gesundheits- und Jugendschutzkonzepten. Ausschank, Abgabe und Konsum alkoholischer Getränke soll in Anbauvereinigungen – den Cannabis-Clubs – untersagt werden.

Die Länder wollen außerdem, dass die jugendschutzrelevanten Regelungen auf ihre Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit hin überprüft werden. Ebenfalls angemahnt wurde die Schließung von Strafbarkeitslücken. Keine Mehrheit fand die Feststellung, dass das Cannabis-Gesetz im Bundesrat zustimmungsbedürftig sei.

Bundesregierung wird reagieren

Ein vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachter Gesetzentwurf sieht vor, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Volljährige ab 18 Jahre soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Pflanzen angebaut werden dürfen.

In den Cannabis-Clubs dürften Vereinsmitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied. Bei 18- bis 21-Jährigen sollen es bis zu 30 Gramm im Monat mit einem maximalen Gehalt von zehn Prozent an Tetrahydrocannabinol (THC) sein dürfen, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten.

Die Stellungnahme des Bundesrats geht nun an die Bundesregierung, die eine Gegenäußerung dazu erstellt und dem Bundestag vorlegt. Wenn das Parlament das Gesetz beschließt, kommt es zu abschließenden Beratungen in den Bundesrat. Stoppen kann die Länderkammer es nicht.

Kontrollverlust mit Ansage

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte die Gesetzespläne insgesamt: Eine Legalisierung sei falsch und die geplante Umsetzung eine einzige Katastrophe. Er befürchte, dass der Konsum weiter ansteigen werde, sagte Haseloff. Junge Menschen würden nicht vor Drogenkonsum geschützt. Vorgaben und Kontrollaufgaben für Polizei und Justiz seien nicht praxistauglich.

Auch Landesminister äußerten Kritik. Bayerns Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, Florian Herrmann (CSU), sprach von einem Kontrollverlust mit Ansage. Es gebe klare Warnungen von Medizinern sowie von Innen- und Gesundheitspolitikern vor gesundheitlichen Risiken vor allem für junge Erwachsene.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte, das Gesetz schaffe sogar Anreize für Neukonsumenten. Es gefährde die Verkehrssicherheit und bedeute zusätzliche Belastungen für die Bundesländer, die an einen anderen Staat grenzen.

Presseschau: Fachleute mahnen Bewusstsein für Risiken des Cannabiskonsums an (Deutsches Ärzteblatt)

Fachleute weisen darauf hin, dass Cannabiskonsum mit Risiken verbunden sein kann. Das Gesetz zielt darauf ab, diese Risiken insbesondere für Jugendliche zu reduzieren.

Fachleute mahnen Bewusstsein für Risiken des Cannabiskonsums an

Nach Alkohol ist Cannabis inzwischen der häufigste Anlass für eine Suchtbehandlung in Deutsch­land. Das berichtete Eva Hoch, Leiterin der Forschungsgruppe Cannabis am Institut für Therapieforschung, heute bei einer Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Suchtkongresses.

„Cannabis ist die mit Abstand am weitesten verbreitete, noch illegale Substanz in Deutschland. Die Hälfte aller jungen Erwachsenen hat schon einmal gekifft und der Konsum nimmt zu“, sagte Hoch.

Sie betonte, die Zahl der Suchtbehandlungen habe sich in den vergangenen 20 Jahren vervierfacht und liege jetzt vor den Opiaten. „Es ist wichtig, dass wir ein Bewusstsein für die Risiken schaffen. Gerade jetzt, wenn Cannabis für Erwachsene legalisiert werden soll“, sagte Hoch.

Der vom Bundeskabinett bereits auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf sieht vor, Cannabis im Betäubungs­mittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Volljährige soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Pflanzen angebaut werden dürfen.

In Cannabisclubs sollen Vereinsmitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied. Bei 18- bis 21-Jährigen sollen es bis zu 30 Gramm im Monat mit einem maximalen Gehalt von zehn Prozent an Tetrahydrocannabinol (THC) sein dürfen, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Inkrafttreten sollen die Regelungen Anfang 2024.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhardt Blienert (SPD) hatte in einem Grußwort zum Kongress betont, dass er „froh“ sei, dass sich die Bundesregierung und der Bundestag auf den Weg gemacht hätten, einen Paradigmenwechsel einzuleiten.

Der erste Gesetzentwurf zur kontrollierten Abgabe von Cannabis sei zwar „nicht die Lösung“, aber er sei „ein guter Einstieg in eine Cannabispolitik, die die Aufklärung und die Schadensreduzierung in den Vordergrund“ stelle.

Blienert betonte darüber hinaus, dass zu einem Paradigmenwechsel der Drogenpolitik auch klare Bekennt­nisse zur Suchtforschung ge­hörten. Es gebe einen permanenten und vielfältigen Forschungsbedarf, etwa weil sich Suchtmuster änderten und neue Therapien notwendig würden.

Der Kongress befasst sich außer mit Cannabis auch noch mit einer Reihe weiterer Suchterkrankungen. Falk Kiefer, Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, erklärte, dass riskanter Alkoholkonsum bei Frau­en zugenommen habe. Nach Angaben des Instituts für Therapieforschung (IFT) erfolgen 48,4 Prozent der Betreuungszugänge in der ambulanten Suchthilfe aufgrund von alkoholbezogenen Störungen.

In Bezug auf Verhaltenssüchte berichtete Gallus Bischof, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Lübeck, dass während der Coronapandemie nicht nur die allgemeine Internetnutzung gestiegen sei, sondern auch internetbezogene Probleme zugenommen haben.

„Gleichzeitig wurden Angebote temporär eingeschränkt, was für die Betroffenen und deren soziales Umfeld höchstbelastend war“, sagte Bischof. Zur Verringerung des durch Abhängigkeitserkrankungen verursachten Leids sei es erforderlich, bedarfsgerechte Angebote nachhaltig zu refinanzieren und vorzuhalten, forderte er.

Esther Neumeier, Leiterin der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, wies auf die aktuelle Verbreitung der Droge Crack in offenen Drogenszenen in verschiedenen Städten hin.

Hier müssten Wege für die Drogenhilfe gefunden werden, damit umzugehen. Eine Herausforderung seien auch die steigenden Drogentodeszahlen, entsprechend müssten Möglichkeiten zur Verhinderung des Drogen­tods gefunden werden.

Weitere Meldungen der vergangenen Tage

Was ist heute im Bundesrat passiert? | DHV-News #395 (Deutscher Hanfverband)

Deutschland mit Hanfgesetz auf schmalem Grat (Ärzte Zeitung)

Absurditäten des Kabinettsentwurfes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (Krautinvest)

Legalisierung von Cannabis: Bundesrat fordert Nachbesserungen beim Gesetzesentwurf (Tagesspiegel)

Länder fordern Nachbesserungen im Entwurf zur Cannabislegalisierung (Zeit online)

Share the Post: