In der pharmazeutischen Industrie gibt es ein großes Interesse an Substanzen, die das Endocannabionidsystem beeinflussen, ohne die bekannten cannabistypischen psychischen Effekte zu verursachen.
Cannabis bald ohne Nebenwirkungen?
Cannabis hat therapeutische Effekte, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Halluzinationen oder Gedächtnisverlust. Forschern ist es nun gelungen, die Nebenwirkungen auszuschalten und dabei die schmerzlindernde Wirkung aufrechtzuerhalten. Cannabis hat gute und schlechte Eigenschaften. In der Medizin werden Cannaboide zum Beispiel zur Schmerzlinderung eingesetzt. Doch die Marihuana-Pflanze ist in erste Linie eine Droge und kann Angstzustände, Gedächtnisstörungen bis hin zu Halluzinationen erzeugen. Nicht zuletzt deshalb ist der therapeutische Einsatz von Cannabis hierzulande umstritten.
Forscher der britischen University of East Anglia und der spanischen Universität Pompeu Fabra ist es nun gelungen, die medizinischen Eigenschaften von Cannabis von den halluzinogenen Nebenwirkungen zu trennen. Wie die Forscher im Fachmagazin „PLOS Biology“ schreiben, sorgt eine Blockierung des Serotonin-Rezeptors 5HT2AR dafür, dass bestimmte unerwünschte Nebenwirkungen ausbleiben. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Hemmung keinen Einfluss auf die schmerzlindernde Wirkung hat.
THC verursacht psychoaktive Effekte
Delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) ist die Substanz, die Marihuana ihre psychoaktive Wirkung verleiht. THC verursacht zahlreiche unerwünschte Wirkungen wie Angstzustände und Gedächtnisstörungen, gleichzeitig hat es jedoch auch therapeutische Effekte. Dazu zählen Schmerzlinderung und Muskelentspannung. Wie es zu den widersprüchlichen Effekten kommt, ist bislang nicht annähernd verstanden.
Blockierten die Forscher in Mäusen den Serotonin-Rezeptors 5HT2AR, zeigte sich dass, die guten und die schlechten Eigenschaften unabhängig voneinander sind. So verschwand die Amnesie, während die schmerzlindernde (analgetische) Wirkung erhalten blieb.
Neuer Mechanismus entdeckt
„Unsere Ergebnisse zeigen einen neuen Mechanismus auf, der es ermöglicht, die analgetische Wirkung von THC von den kognitiven Effekten abzukoppeln“, so Peter McCormick von der UEA.
In molekularen Experimenten konnten die Wissenschaftler zeigen, dass in bestimmten Hirnregionen, die für das Gedächtnis zuständig sind, die Rezeptoren für THC und 5-HT2A zusammenarbeiten. Der Eingriff in das Geschehen konnte den THC-induzierten Gedächtnisverlust verhindern, nicht jedoch das Ausschalten von Schmerz.
In Deutschland soll es Cannabis zur Schmerzlinderung nach dem Willen Drogenbeauftragten der Bundesregierung ab dem kommenden Jahr auf Rezept geben. Unter Schmerzmedizinern ist der Einsatz von sogenannten Cannabinoiden jedoch umstritten. Denn nach derzeitigem Wissens- und Erfahrungsstand sind die Substanzen aus der Hanfpflanze nur bei einzelnen ausgewählten Schmerzpatienten ausreichend wirksam. Bei der Mehrheit der chronischen Schmerzpatienten zeigen Cannabinoide allenfalls eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung, sodass Cannabinoide anderen bisher gebräuchlichen Schmerzmitteln nicht überlegen sind.