Viele Zeitungen berichteten über die geplanten Erleichterungen bei der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten durch die Bundesregierung. Dabei stand überwiegend der geplante Anbau von Cannabis in Deutschland und weniger die für die Patienten bedeutendere Kostenübernahme entsprechender Produkte und die Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten im Vordergrund.
Staatliche Cannabis-Agentur für Kranke geplant
Etwa 400 Patienten in Deutschland beziehen legal Cannabis zu medizinischen Zwecken. Bisher wird der Bedarf durch Importe aus den Niederlanden gedeckt. Jetzt plant das Bundesministerium für Gesundheit, den Anbau und Handel der Droge selbst zu organisieren.
Cannabis als Medizin, das wünschen sich viele Patienten. Sie dürfen auf klarere Regelungen, einfacheren Zugang und auf breitere Kostenerstattung durch Krankenkassen hoffen. Wie das Bundesministerium für Gesundheit am Sonntag bestätigte, soll eine staatliche Cannabisagentur Anbau und Handel zur Schmerztherapie in die Hände nehmen. Ein solcher Vorschlag sei in einem Referentenentwurf enthalten. Die Gesamtkoordination soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übernehmen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) haben sich wiederholt dafür ausgesprochen, den Zugang zu Cannabis als Medizin zu erleichtern. „Wir wollen, dass schwer kranke Menschen, denen nur durch Medizinalhanf geholfen werden kann, gut versorgt werden“, hatte Gröhe erklärt. Missbrauch müsse aber wirksam verhindert werden. Deshalb soll der Eigenanbau durch Patienten weiter verboten bleiben.
Verkauf in Apotheken
„Die Cannabisagentur schreibt den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf nach den Vorgaben des Vergaberechts aus, vergibt in wettbewerblichen Verfahren Aufträge über die Belieferung mit Medizinalhanf an Anbauer und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsverträge“, heißt es laut Welt am Sonntag in dem Entwurf. „Die Cannabisagentur verkauft den Medizinalhanf anschließend insbesondere an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler und Apotheken.“
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin in Rüthen begrüßte die Entwicklung. Ihr Vorsitzender Franjo Grotenhermen wies in einer Stellungnahme jedoch darauf hin, dass der Aufbau einer staatlichen Cannabisagentur seine Zeit brauche. In den Niederlanden etwa habe es von der Ankündigung bis zur ersten Belieferung der Apotheken zwei Jahre gedauert.
Therapie für 300 bis 500 EURo
Grotenhermen sieht mit der geplanten Gesetzesänderung zudem eine Chance, dass künftig mehr Cannabis-Medikamente als bisher von den Krankenkassen erstattet werden. Die Medikamente Dronabinol (THC) sowie die Cannabisextrakte Sativex und Nabilon könnten bereits jetzt auf Kassenrezept verschrieben werden, sagte der Experte. Offenbar sollten die Krankenkassen nun dazu verpflichtet werden, unter bestimmten Voraussetzungen weitere Medikamente auf Cannabisbasis sowie Cannabisblüten zu erstatten. Für die Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten muss das Betäubungsmittelgesetz entsprechend geändert werden.
Derzeit dürfen etwa 400 Patienten in Deutschland legal Cannabis zu medizinischen Zwecken beziehen. Der Bedarf wird durch Importe aus den Niederlanden gedeckt. Die Kosten für die Präparate werden bisher nur einer Patientengruppe erstattet: Menschen mit Multipler Sklerose, die an spastischen Krämpfen leiden.
Cannabis kann aber auch bei anderen Diagnosen helfen, zum Beispiel bei Übelkeit und Erbrechen infolge einer Krebs-Chemotherapie, als Schmerztherapie bei Nervenerkrankungen und bei Störungen wie dem Tourette-Syndrom. Eine Therapie kostet zwischen 300 und 500 EURo im Monat. Bei Cannabisblüten ist es etwa ein Drittel davon. Bauen Patienten in der eigenen Wohnung Hanfpflanzen an, geraten sie derzeit rasch ins Visier von Ermittlern. (dpa/BLZ)