Im Januar hat das Bundesgesundheitsministerium Verbände aus dem Gesundheitswesen zur geplanten Begleiterhebung bei der Verschreibung von Cannabisblüten und Cannabis-basierten Medikamenten zulasten der gesetzlichen Krankenkassen befragt. Wir dokumentieren die Stellungnahme der ACM, in der vor allem bemängelt wird, dass die Ärzte die Fragen im Rahmen der Begleiterhebung bisher kostenlos beantworten sollen. Viele Ärzte haben bereits erklärt, dass sie aus diesem Grund entsprechende Medikamente nicht verschreiben werden.
Stellungnahme der ACM
zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
zur Verordnung über die Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (Cannabis-Begleiterhebungs-Verordnung – CanBV)
27. Januar 2017
Grundsätzliche Beurteilung
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) unterstützt grundsätzlich die beabsichtigte Begleitforschung, um weitere wissenschaftliche Erkenntnisse im Zusammenhang mit der medizinischen Verwendung von Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten zu gewinnen. Diese Unterstützung setzt allerdings voraus, dass der Aufwand der beteiligten Ärztinnen und Ärzte vergütet wird.
Der Fragenkomplex könnte um Fragen zur Sicherheit im Straßenverkehr ergänzt werden
Die ACM möchte anregen, den bisherigen Fragenkatalog um zwei Fragen zu erweitern. In der ersten Frage könnte erfragt werden, ob der Patient bzw. die Patientin während der Behandlungszeit mit Cannabis bzw. cannabisbasierten Medikamenten in einen Verkehrsunfall verwickelt war. In der zweiten Frage könnte erfragt werden, ob er oder sie Unfallverursacher bzw. Unfallverursacherin oder erheblicher Mitverursacher des Unfalls war. Es sollte sich dabei um einfache Ja/Nein-Fragen handeln.
Begründung:
Es ist bekannt, dass der illegale Freizeitkonsum von Cannabis das Risiko für die Veräußerung eines Verkehrsunfalls erhöhen kann, wenn auch in einem deutlich geringeren Maße wie Alkohol. Im Allgemeinen wird von einer Verdopplung des Risikos ausgegangen. Nach Kenntnis der ACM ist das Unfallrisiko bei der medizinischen Verwendung von Cannabis jedoch nicht oder nicht relevant erhöht. So wurde die ACM von einem Vorstandsmitglied der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente (IACM) aus Israel darüber informiert, dass eine Untersuchung in Israel ergeben habe, dass bei der medizinischen Verwendung von Cannabis kein erhöhtes Unfallrisiko zu beobachten war. Der Unterzeichner betreut etwa 310 Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis durch die Bundesopiumstelle für die Verwendung von Cannabisblüten. Viele dieser Erlaubnisinhaber nehmen am Straßenverkehr teil, und es sind dem Unterzeichner bisher keine durch Erlaubnisinhaber verschuldete Unfälle bekannt geworden. Einige Patienten haben an psychomotorischen bzw. fahrrelevanten Eignungstests im Rahmen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) teilgenommen. Der ACM sind bisher keine Fälle bekannt geworden, nach denen Erlaubnisinhaber einen solchen Eignungstest nicht bestanden haben.
Das Thema der Fahrtüchtigkeit bzw. Fahreignung von Patienten und Patientinnen, die Cannabisprodukte aus medizinischen Gründen einnehmen, wird in Deutschland jedoch kontrovers diskutiert. Die Begleitforschung könnte zur weiteren Klärung des Sachverhaltes beitragen.
Ärztinnen und Ärzte müssen für die Teilnahme an der Begleitforschung ein Honorar erhalten
Die Teilnahme von Ärzten an der Begleitforschung sollte vergütet werden. Die Vergütung sollte sich an einem Zeitaufwand von 60 Minuten pro Patient orientieren.
Begründung:
Die ACM ist der Auffassung, dass die angesetzte Zeit von 45 Minuten für die Teilnahme an der Begleitforschung bei vielen Patienten aufgrund der umfangreichen Vorgeschichte, die nicht selten bei vorbehandelnden Ärzten dokumentiert worden sein könnte, zu kurz angesetzt ist. Die ACM ist der Auffassung, dass ein Zeitraum von durchschnittlich 60 Minuten realistischer ist.
Gespräche mit niedergelassenen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen haben ergeben, dass der für Arzt und Ärztin verbundene Aufwand der Begleitforschung einen abschreckenden Charakter auf die Bereitschaft, eine Therapie mit Medikamenten auf Cannabisbasis durchzuführen, haben könnte. Die Arbeit von Ärzten, die an Forschungsmaßnahmen der pharmazeutischen Industrie teilnehmen, wird grundsätzlich vergütet. Die Teilnahme an der Begleitforschung sollte ebenfalls vergütet werden.
Sollte die Teilnahme von Ärzten an der Begleitforschung nicht vergütet werden, so besteht neben der abschreckenden Wirkung die Gefahr, dass der Fragebogen nicht sorgfältig ausgefüllt wird, sodass keine optimale Datenbasis für die Begleitforschung gewonnen wird.
Das angesetzte Gesamtbudget für die Begleitforschung ist zu niedrig angesetzt
Die ACM ist aufgrund der Kosten für vergleichbare Forschungsprojekte skeptisch, ob die angesetzten Geldmittel für die Begleitforschung ausreichen werden.
Über die bisherigen Mittel hinaus sollten zumindest Mittel für die Vergütung der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte bereitgestellt werden.