Auch in Fachzeitschriften für Ärzte und Apotheker wurde die Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag und damit das für den März zu erwartende Inkrafttreten berichtet.
Weg frei für Cannabis-Medizin und schärfere KBV-Kontrolle
Dem Bundesrat lag am heutigen Freitag eine Tagesordnung mit mehr als 100 Gesetzen, Verordnungen, Entschließungen und Berichten vor. Grünes Licht gab die Länderkammer unter anderem dem Gesetz, mit dem Schwerkranken die Therapie mit Medizinalhanf auf Kassenkosten ermöglicht wird – und dem GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz.
Nach mehr als zwei Jahren Anlauf ist jetzt die letzte Hürde genommen: Schwerkranke Patienten können künftig auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel erhalten, die aus Cannabis-Blüten und -Extrakten hergestellt sind. Der Bundesrat billigte am 10. Februar 2017 die entsprechenden zuvor vom Bundestag beschlossenen Änderungen unter anderem im Betäubungsmittelgesetz.
Danach dürfen die behandelnden Ärzte künftig eigenverantwortlich entscheiden, ob eine Cannabis-Therapie sinnvoll ist, auch wenn im Einzelfall noch andere Behandlungsoptionen bestehen. Die Betroffenen müssen also nicht „austherapiert“ sein, bevor sie einen Anspruch auf ein Cannabis-Rezept haben. Krankenkassen dürfen die Genehmigung einer Cannabis-Therapie nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern. Auch in der Palliativversorgung soll Cannabis künftig eingesetzt werden können.
Bisher durfte Cannabis nur mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingesetzt werden, etwa um Schmerzpatienten zu helfen. Die nicht unerheblichen Kosten mussten diese in der Regel selbst tragen.
Der Vertrieb der Cannabis-Blüten und sonstigen Arzneimittel erfolgt durch Apotheken. Diese brauchen für die Abgabe nun auch keine Ausnahmegenehmigung mehr. Eine staatliche Cannabis-Agentur, die beim BfArM angesiedelt ist, soll Anbau und Vertrieb koordinieren und kontrollieren. Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen. Sie darf Patientendaten aber nur anonymisiert erheben und analysieren.
Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es wird am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Auf der Zielgeraden ist nun auch das sogenannte GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, das zuletzt noch für dicke Luft zwischen den Koalitionspartnern gesorgt hatte, dann aber in entschärfter Form vom Bundestag verabschiedet wurde. Das Gesetz soll für eine stärkere Kontrolle, Transparenz und Aufsicht in den Gremien der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen. Dazu werden die Durchgriffsrechte in der gesamten gesundheitlichen Selbstverwaltung erweitert.
Der Gesetzgeber reagiert damit insbesondere auf die jahrelangen Kontroversen in der Führung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Immer wieder waren hier Skandale hochgekocht – es ging unter anderem um Pensionsansprüche, Immobilien und Fahrzeuge. Nun gibt es neue Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung, interne Transparenzpflichten sowie Kontrollmechanismen. Künftig erhalten die Mitglieder beispielsweise mehr Einsichts- und Prüfrechte. So sollen die Spitzenorganisationen vor „Selbstblockaden“ geschützt werden, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Aber auch die staatliche Kontrolle wird ausgeweitet. Das Bundesgesundheitsministerium kann künftig eine Person in die KBV oder den GKV-Spitzenverband entsenden, wenn dort gewichtige Probleme auftreten und externer Sachverstand erforderlich ist. Zudem ermöglicht das neue Gesetz eine unabhängige Prüfung der Vorstands-Dienstverträge auf ihre finanziellen Auswirkungen.
Auch dieses Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt und wird am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.