Die gesetzlichen Krankenkassen haben einen Arztfragebogen zu Cannabinoiden entwickelt, der sich bei verschiedenen Krankenkassen (AOK, TKK, DAK, etc.) weitgehend ähnelt.
Wir prüfen, ob der Fragebogen gegen § 65 Sozialgesetzbuch I (SGB I) Abs. 1 verstößt.
Dies gilt insbesondere für die Frage in der es heißt: „Bitte benennen Sie Literatur, aus der hervorgeht, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.“
Im „§ 65 Grenzen der Mitwirkung“ des SGB I heißt es im 1. Absatz:
„(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit
1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.“
Der Gesetzgeber hat die Pflicht der Krankenkassen zur Kostenübernahme einer Behandlung mit cannabisbasierten Medikamenten nicht von einer durch die wissenschaftliche Literatur belegten Evidenz abhängig gemacht. Die Forderung der Krankenkassen nach entsprechender Literatur ist daher vermutlich rechtswidrig.
Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 6. Dezember 2005 (Aktenzeichen: 1 BvR 347/98), in dem es ebenfalls um die Leistungspflicht von Krankenkassen zur Kostenübernahme von nicht etablierten Behandlungsmethoden bei Versagen der Standardtherapien ging, ausgeführt: „Damit wird – wie sich aus der weiteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zeigt – die Übernahme von Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen auch in den Fällen einer lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit ausgeschlossen, für die eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl. BSGE 86, 54 <66>), der behandelnde Arzt jedoch eine Methode zur Anwendung bringt, die nach seiner Einschätzung im Einzelfall den Krankheitsverlauf positiv zu Gunsten des Versicherten beeinflusst.“
Für Cannabis, so steht es im Gesetz, muss keine „lebensbedrohliche oder vorhersehbar tödlich verlaufende“, sondern eine „schwerwiegende“ Erkrankung (siehe § 31 Abs. 6 SGB V im 6. Absatz) vorliegen. Das Prinzip, das es auf die fachliche Einschätzung des Arztes ankommt, dürfte jedoch auf die Kostenübernahme einer Therapie mit Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten anzuwenden sein.
Der folgende Musterfragebogen kann hier heruntergeladen werden. Dort findet sich auch ein Musterschreiben zur Antragstellung für Patienten. Patienten sollten den Antrag auf Kostenübernahme selbst stellen und bereits verfügbare ärztliche Unterlagen beifügen. Dann kommt im Allgemeinen ein Schreiben der Krankenkasse mit einem Fragenbogen des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), der mit dem unten stehenden Formular beantwordet werden kann. Patienten sollten diesen ausfüllen, um ihre Ärzte zu entlasten.