Nach einer Pressemitteilung, die in mehreren Zeitungen veröffentlicht wurde, hat die AOK 65 % der Anträge auf eine Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten genehmigt. Auch die BEK habe etwa zwei Drittel der Anträge genehmigt. Insgesamt kann daher davon ausgegangen werden, dass im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes mehr als 10.000 Patienten cannabisbasierte Medikamente erhalten, die von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen erstattet werden.
Krankenkassen zahlen Großteil der Cannabis-Medikamente
Fast 10.000 Anträge auf Cannabis-Therapie sind bei den beiden größten Kassen eingegangen, über die Hälfte wurde genehmigt. Bei anderen fehlte die medizinische Begründung.
Seit März dieses Jahres können Patienten Cannabis auf Rezept erhalten. Seitdem sind bei den Krankenkassen mehrere Tausend Anträge eingegangen, weit mehr als die Hälfte wurde genehmigt. Das geht aus Zahlen der beiden größten gesetzlichen Kassen, AOK und Barmer, hervor.
Bei der AOK gingen bis Anfang November 6.600 Anträge zur Erstattung von medizinischem Cannabis ein, sagte ein Sprecher auf Anfrage von ZEIT ONLINE. 65 Prozent dieser Anträge seien genehmigt worden. Nicht alle übrigen Anträge seien jedoch abgelehnt worden, viele seien nur formal nicht vollständig und könnten von Arzt und Patient überarbeitet und wieder eingereicht werden. „Häufig fehlen beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebene medizinische Begründung des Antrags oder Ausführungen zu den bisherigen Therapien“, sagte der Sprecher.
Immer wieder erreichten die AOK aber auch Anträge von Patienten, bei denen keine Erkrankungen im Sinne des Gesetzes vorliegen oder bei denen die Standardtherapien nicht ausgeschöpft wurden. Mitunter seien das Fälle von Bandscheibenvorfällen, die bislang nur mit Wärmetherapie behandelt wurden. Einzelfälle wie diese gebe es häufig.
Die zweitgrößte gesetzliche Krankenkasse, die Barmer, hat ebenfalls die meisten Anträge auf Kostenübernahme einer Cannabis-Therapie bewilligt. Seit der Freigabe von Cannabis für medizinische Zwecke gingen knapp 2.900 Anträge auf Kostenübernahme ein, wie die Berliner Zeitung unter Berufung auf Zahlen der Kasse berichtete. Davon seien rund 1.700 Anträge bewilligt worden, also etwa zwei Drittel. Der Rest wurde abgelehnt.
„Kein Allheilmittel“
Der fehlende Nachweis darüber, dass Behandlungsalternativen erfolglos probiert wurden oder gar nicht infrage kommen, war auch bei der Barmer einer der Hauptgründe für die Ablehnung. „Medizinischer Cannabis ist aus der Versorgung schwer kranker Menschen heute nicht mehr wegzudenken. Es ist aber kein Allheilmittel“, sagte Barmer-Chef Christoph Straub der Zeitung.
Die Ablehnungsrate ist damit geringer, als erste Zahlen hatten vermuten lassen. Im Sommer hieß es, die Kassen hätten bis zu zwei Drittel der Anträge negativ beschieden, wie die Zeitung berichtete.
Im vergangenen März wurde schwer kranken Patienten der Zugang zu Cannabis erleichtert. Cannabis kann seitdem zum Beispiel in Form der Blüten zu Lasten der Krankenversicherung verordnet werden. Die Kassen müssen dem aber zustimmen. Voraussetzung ist laut Gesetz, dass alle üblichen Therapien versagt haben. Vor der Gesetzesänderung waren die gesetzlichen Kassen nur in Einzelfällen für die teure Therapie aufgekommen.
Die Bundesregierung lehnt eine generelle Legalisierung von Cannabis aber weiterhin ab. Die Gesundheitsgefahren durch Cannabis-Missbrauch gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden seien medizinisch erwiesen, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion. Eine kürzlich veröffentlichte Studie habe die Risiken des Cannabis-Konsums zu Rauschzwecken erneut bestätigt, so die Regierung. Das Cannabis-Verbot diene dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.
Nach Angaben der Bundesregierung haben bislang zwei Kommunen Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis als Genussmittel beantragt: der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und die Stadt Münster. Beide Anträge seien abgelehnt worden. Die Modellprojekte trügen weder zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung bei, noch könnten sie den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie Drogenabhängigkeiten verhindern.
Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, konsumieren schätzungsweise rund 1,2 Millionen Bürger im Alter zwischen 18 und 64 Jahren Cannabis mindestens zehn Mal im Jahr. Rund 630.000 Bürger davon konsumieren Cannabis mindestens 60 Mal im Jahr.