Wie erwartet, steigt die Zahl der Patienten, die Cannabis-Medikamente legal einnehmen weiter an. Da die Kosten von den Krankenkassen häufig nicht übernommen werden, zahlen viele Patienten diese Präparate aus der eigenen Tasche.
Zahl der Cannabis-Rezepte in Apotheken steigt weiter an
Seitdem es gesetzlich möglich ist, Medizinalhanf auf Kosten der Krankenkassen zu verschreiben, ist die Zahl der Cannabis-Rezepte sprunghaft angestiegen. So haben Apotheken innerhalb von zwölf Monaten nach der Gesetzesänderung rund 71.000 Cannabis-Einheiten auf Kosten der Krankenkassen abgegeben. Dem wachsenden Bedarf steht eine angespannte Liefersituation gegenüber.
Deutsche Apotheken geben immer mehr Cannabis-Zubereitungen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen ab. Dies geht aus aktuellen Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) hervor. Demnach haben Pharmazeuten im Zeitraum von März 2017 bis März 2018 Patienten mit 70.553 Cannabis-haltigen Zubereitungen oder unverarbeiteten Cannabisblüten versorgt und 43.516 Rezepte beliefert. Dabei berücksichtigt das DAPI ausschließlich Verordnungen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen und keine Privatrezepte.
Steigerung um Faktor 50 in einem Jahr
Die Statistik zeigt zudem, dass der Bedarf an medizinischem Cannabis sprunghaft angestiegen ist seit dem 10. März 2017, seitdem es gesetzlich möglich ist, Cannabisblüten auf Rezept zu verordnen. So zählte das DAPI im ersten Quartal nach der Gesetzesänderung lediglich 564 Abgabeeinheiten, während die Menge im ersten Quartal 2018 fast um den Faktor 50, auf 26.329 Einheiten, gestiegen ist.
Eine mögliche Erklärung für die Zunahme an Rezepten ist, dass die Krankenkassen inzwischen mehr Therapien genehmigen als noch vor einem Jahr. So beträgt derzeit die Genehmigungsquote etwa 60 Prozent. Offenbar besteht sowohl auf Seiten der verschreibenden Ärzte und der Kostenträger mehr Erfahrung im Genehmigungsprozess.
Medizinalhanf bleibt voraussichtlich knapp
Möglicherweise könnten es noch mehr Cannabis-Verordnungen sein, wenn die Liefersituation dies ermöglichen würde. Denn seitdem das Gesetz in Kraft getreten ist, ist die Versorgungssituation angespannt. Möglicherweise hat der Gesetzgeber den Bedarf unterschätzt, da vor dem 10. März 2017 nur etwa 1000 Patienten in Deutschland Cannabis mit Ausnahmegenehmigung des BfArM erhielten.
Derzeit wird der Bedarf durch Importe aus den Niederlanden und aus Kanada gedeckt. Auch wenn das BfArM, das Anbau und Einfuhr von Medizinalhanf regelt, die Importmengen schrittweise erhöht, sind die Kapazitäten erschöpft. Die Prüfung weiterer Einfuhrländer, wie etwa Israel und Australien, verzögert sich.
Deutscher Anbau erst ab 2020
Um die Versorgungssituation zu verbessern, sollte ab dem kommenden Jahr Medizinalhanf auch in Deutschland angebaut werden können. Doch die Ernte wird sich um ein weiteres Jahr verzögern, weil das BfArM das zugehörige Ausschreibungsverfahren für den Anbau stoppen musste. Die Behörde hatte eine Produktionsmenge von 6,6 Tonnen für vier Jahre geplant.
Ob diese Planung ausreicht, ist fraglich. Denn nach Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) haben seit dem 7. September 2017 bereits sechs Importunternehmen beim BfArM beantragt, die Einfuhrmengen um insgesamt 21,3 Tonnen zu erhöhen