Optimale orale Einnahme von Cannabinoiden
In einer Ende 2018 veröffentlichten Studie konnten britische Forscher nachweisen, dass die Bioverfügbarkeit von CBD (Cannabidiol) durch die gleichzeitige Einnahme eines ausgiebigen fettreichen Frühstücks um mehr als das Vierfache erhöht werden konnte (Taylor et al. 2018). Das bedeutet, dass man beispielsweise mit einer Tagesdosis von 200 mg, Wirkungen erzielen könnte, die denen nach der Einnahme von 800 mg auf nüchternen Magen entsprechen würden. Solche hohen Dosen wurden in klinischen Studien bei Patienten mit Schizophrenie eingesetzt, sind aber im Allgemeinen von den Betroffenen nicht finanzierbar. Für 1000 mg CBD aus der Apotheke müssen Kunden mehr als 100 € zahlen, und Extrakte aus Faserhanf kosten pro 1000 mg CBD mindestens 30 €, meistens 40 bis 60 €.
In der placebokontrollierten Studie erhielten 12 Teilnehmer entweder eine Dosis von 1500 mg CBD auf nüchternen Magen oder zusammen mit einem fettreichen Frühstück. In beiden Gruppen hatten die Teilnehmer während der Nacht mindestens 10 Stunden lang nichts gegessen. Das fettreiche Frühstück bestand aus etwa 900 Kilokalorien mit zwei in 15 g Butter gebratenen Eiern, 40 g Speck, 115 g Bratkartoffeln, zwei Schreiben Toastbrot mit 15 g Butter und 240 ml fettreicher Milch. Diese Mahlzeit aßen die Teilnehmer innerhalb von 20 Minuten. 30 Minuten nach Beginn des Frühstücks nahmen sie dann das CBD ein.
Der Erfolg war durchschlagend
Die maximale CBD-Konzentration im Blutplasma betrug nach der Einnahme von CBD ohne Nahrung ungefähr 330 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter) und nach der Einnahme von CBD mit der fettreichen Mahlzeit ungefähr 1630 ng/ml. Auch die systemische Bioverfügbarkeit, also ein Maß für die CBD-Menge, die insgesamt in den gesamten Blutkreislauf und damit an die Wirkorte im Gehirn und in anderen Organen gelangt, war nach der fettreichen Mahlzeit um mehr als das Vierfache erhöht. Die Zeit bis zur maximalen CBD-Blutkonzentration wurde durch die Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst.
Diese Untersuchung war Teil einer Reihe von Studien zur Pharmakokinetik und Verträglichkeit hoher CBD-Einzeldosen (bis zu 6000 mg) sowie wiederholter Gaben von zweimal täglich 750 oder 1500 mg in einer oralen Lösung.
Jeweils 6 gesunde Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 45 Jahren erhielten Einzeldosen von 1500, 3000, 4500 oder 6000 mg CBD. In jeder Gruppe erhielten 2 weitere Personen ein Placebo, also ein Scheinmedikament. Jeweils 9 Teilnehmer erhielten 750 mg oder 1500 mg CBD zweimal täglich über einen Zeitraum von 6 Tagen. In jeder Gruppe erhielten 3 weitere Personen ein Placebo. In dieser Studie nahmen die Teilnehmer die morgendliche Dosis auf nüchternen Magen und die abendliche Dosis mindestens 2 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme ein.
CBD wurde im Allgemeinen auch in diesen sehr hohen Dosen gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Kopfschmerzen und Schläfrigkeit. Diese unerwünschten Wirkungen waren gering bis moderat. Es gab keine starken oder schwerwiegenden Nebenwirkungen. Kein Teilnehmer musste die Studie aufgrund von Nebenwirkungen abbrechen.
Die maximalen CBD-Konzentrationen im Blut wurden ungefähr nach 4 bis 5 Stunden erreicht. Stabile Blutkonzentrationen wurden bereits nach 2 Tagen einer wiederholten Einnahme beobachtet. Zwei Gaben täglich reichen aus, um innerhalb weniger Tage konstante CBD-Blutkonzentrationen zu erzielen.
Was ist der Grund für die erhöhte systemische Bioverfügbarkeit durch die gleichzeitige Aufnahme von Fett? Die Autoren schlagen vor, dass Fett die Sekretion von Gallensalzen bzw. Gallensäuren in den Darm verstärkt (Moghimipour et al. 2015). Gallensäuren lösen lipophile Substanzen, wie beispielsweise Cannabinoide, und verstärken die Aufnahme und den Transport durch biologische Membranen. Sie werden daher in diesem Zusammenhang als Absorptionsverstärker betrachtet. In einer Studie aus dem Jahr 2015 wurde das Natriumsalz der Taurodeoxycholinsäure, ein Gallensalz, das auch beim Menschen gebildet wird, als der stärkste Absorptionsverstärker für eine lipophile („fettliebend“) Substanz ermittelt. Cannabinoide sind lipophil.
Eine andere Erklärung für die Verstärkung der Bioverfügbarkeit durch Fett um das Drei- bis Vierfache wurde in einer Studie mit einem synthetischen Cannabinoid (CRA13) aus dem Jahr 2009 vorgeschlagen (Trevaskis et al. 2009). Der größte Teil des Cannabinoids wurde bei der Einnahme mit Fett durch das Lymphsystem des Darmes resorbiert. Dadurch wurde der Abbau des Cannabinoids durch die Leber verzögert. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Umgehung des Pfortadersystems der Leber und des sogenannten First-Pass-Effekts in der Leber, bei dem Cannabinoide in der Leber weitgehend abgebaut werden, bevor sie in den gesamten Blutkreislauf gelangen.
Vermutlich nimmt die Bioverfügbarkeit von CBD und vermutlich auch THC und anderer Cannabinoide mit der Menge des eingenommenen Fetts zu. Wenig Fett wird weniger bewirken als das in dieser Studie ausgiebige englische Frühstück mit Speck, Bratkartoffeln und Eiern.
von Dr. med. Franjo Grotenhermen
Literatur
- Moghimipour E, Ameri A, Handali S. Absorption-Enhancing Effects of Bile Salts. Molecules. 2015 Aug 10;20(8):14451-73.
- Taylor L, Gidal B, Blakey G, Tayo B, Morrison G. A Phase I, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Single Ascending Dose, Multiple Dose, and Food Effect Trial of the Safety, Tolerability and Pharmacokinetics of Highly Purified Cannabidiol in Healthy Subjects. CNS Drugs. 2018 Nov;32(11):1053-1067.
- Trevaskis NL, Shackleford DM, Charman WN, Edwards GA, Gardin A, Appel-Dingemanse S, Kretz O, Galli B, Porter CJ. Intestinal lymphatic transport enhances the post-prandial oral bioavailability of a novel cannabinoid receptor agonist via avoidance of first-pass metabolism. Pharm Res. 2009 Jun;26(6):1486-95.
Optimale orale Einnahme von Cannabinoiden