Die Agrarzeitung berichtete über ein von der Bundesregierung gefördertes Forschungsprojekt, in dem es vor allem um Fragen zum Anbau, der Ernte und der Genetik von Cannabis geht. Federführend bei dem Projekt, an dem Partner aus Deutschland und Kanada beteiligt sind, ist die Universität Hohenheim,
Die Bundesregierung investiert massiv in die Cannabis-Forschung. Unter der Federführung der Universität Hohenheim wurde ein deutsch-kanadisches Netzwerk implementiert, das den Anbau von medizinischem Hanf in Deutschland optimieren soll.
Das Projekt „Medizinisch phytocannabinoid-reiches (PCR) Cannabis“ ist das erste deutsch-kanadische Netzwerk, das vom Ministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird. Aktuell besteht es aus vier kanadischen und sieben deutschen Partnern. Die Kanadier haben beim Anbau von Cannabis einen Erfahrungsvorsprung. Schon seit Oktober 2018 ist dort sogar der Verkauf von Cannabis als Rauschmittel legal.
„Dass in der Cannabis-Pflanze viel Potenzial steckt, haben die Unternehmen mittlerweile erkannt“, erklärt die Leiterin der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung Prof. Simone Graeff-Hönninger. Aus Cannabis lassen sich ihrer Aussage nach viele gesundheitsfördernde Stoffe gewinnen: die sogenannten Cannabinoide. Diese seien vor allem in der Medizin, Ernährung oder im Bereich der Körperpflege wertvoll.
Genetik und Technik gesucht
Auch wenn Hanf als robuste Pflanze gilt, so fehlt bei deutschen Landwirten aufgrund des jahrzehntelangen Anbau-Verbots die Expertise. „Das Wissen um die Cannabis-Pflanze ist noch recht gering“, so Prof. Graeff-Hönninger. „Wir wissen zum Beispiel nicht, wie verschiedene Genetiken in unserem Klima gedeihen und es gibt noch keine Technik, um medizinisches Cannabis in großen Mengen zu ernten. Dazu müssen wir herausfinden, wie verschiedene Genetiken auf Umweltfaktoren, Sonneneinstrahlung, Bewässerung, Düngung und so weiter reagieren.“
Dass nun auch das Wirtschaftsministerium in die Forschung einsteigt, ist dem Druck der Unternehmen geschuldet. Den Firmen fehle nicht nur das nötige Wissen, so Prof. Graeff-Hönninger, sondern auch der Zugang zu Cannabis-Pflanzen. „Obwohl das verwendete Cannabis nicht als Rauschmittel genutzt werden kann, ist der Anbau in Deutschland streng geregelt.“
Die Projektleiterin Prof. Graeff-Hönninger sieht den Forschungsschwerpunkt zunächst auf der Genetik und der nötigen Erntetechnik. „Wir müssen Pflanzen mit gleichbleibenden Eigenschaften und Inhaltsstoffen produzieren, die von der Industrie als verlässlicher Rohstoff verarbeitet werden können.“ Um zu wissen, was gewünscht wird, seien die Forscher auf die Informationen der Unternehmen angewiesen. „Nur so können wir Cannabis-Genetiken entwickeln, die den Ansprüchen der Kunden gerecht werden.“
300 000 neue Arbeitspläte in den USA
Welche Ansprüche diese entwickeln, lässt sich mit einem Blick über den großen Teich in die USA feststellen. In zehn Bundesstaaten ist der Verkauf von Cannabis und daraus hergestellten Produkten legal – auch wenn sie das berauschende THC enthalten. Natürlich werden die Hanfblüten, Öle und Haschisch zum Rauchen und Essen angeboten. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel THC-Gummibärchen und Softdrinks. Damit erschließt der Handel ganz neue Zielgruppen. Eine Goldgräberstimmung breitet sich aus, obwohl die Risiken gerade dieses Konsumtrends noch bei Weitem nicht erforscht sind.
Möglich ist das, weil der Staat kräftig mitverdient. Allein in Colorado wurden im Jahr 2018 Marihuana-Produkte zur medizinischen Anwendung und für den Freizeitkonsum im Wert von 1,54 Mrd. US-Dollar verkauft. Und das, obwohl Colorado gerade einmal 5,7 Mio. Einwohner hat. Der Staat kassierte hier 266,5 Mio. US-Dollar an Steuern. Tendenz steigend. Das Wall Street Journal attestiert dem US-Hanf-Markt das Potenzial, bis 2025 auf 25 Mrd. US-Dollar anzuwachsen und 300 000 Arbeitsplätze zu schaffen. Vergleichbare Prognosen für den deutschen Markt kann das Bundeswirtschaftsministerium auch auf Anfrage nicht bereitstellen.
Vor allem mittelständische Unternehmen möchte die Projektleiterin Prof. Graeff-Hönninger angesichts der im Raum stehenden Fördersummen ermutigen, sich dem Netzwerk anzuschließen. „Firmen haben die Möglichkeit, eigene Fragen an die Forschungseinrichtungen heranzutragen. Hierbei geht es vor allem um Anbau- und Ernte-Technologie sowie Genetik.“ Projekte bis 380 000 € würden mit bis zu 55 Prozent vom Staat gefördert. Derzeit sind die jeweiligen Projektmittel für 18 Monate bewilligt. Es gebe aber die Option, drei weitere Jahre gefördert zu werden. Landwirte, die bereits EU-Mittel erhalten, können sich mit ihrem Betrieb nicht bewerben.