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ACM-Mitteilungen vom 4. Februar 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

noch bevor der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seinen Beschluss veröffentlicht hat, was ursprünglich für Januar geplant war, werden einige Vorschläge, insbesondere die mögliche Begrenzung der Verschreibungsfähigkeit zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf Fachärzte und die Zurückdrängung der Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten heftig kritisiert. Kritik kommt auch aus Reihen der Parteien der Ampel-Koalition. Kristine Lütke hatte das Ansehen des G-BA bereits auf Facebook kritisiert.

Der drogenpolitische Sprecher der SPD, Dirk Heidenblut (MdB), hat nun in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 20. Januar 2023 vor einem de facto Lieferstopp bei Cannabis für Patienten durch die vom G-BA in Erwägung gezogenen Änderungen gewarnt.

Es bleibt spannend!

Franjo Grotenhermen

Inhalt

Auszüge aus der Rede von Dirk Heidenblut (SPD) im Deutschen Bundestag am 20. Januar 2023

Seine Rede zum Thema Versorgungssicherheit von Arzneimitteln hat der drogenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Heidenblut (SPD) genutzt, um auch auf die drohende Verschlechterung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Cannabis-Arzneimitteln hingewiesen. Die vollständige Rede findet sich auf seiner Webseite.

„Auch Cannabis ist ein Medikament. Wir haben Cannabis als Arzneimittel zugelassen. [..] Aber das Problem, das wir gerade erleben, ist, dass dieses Gesetz im Zweifel durch eine Entscheidung des G-BA, die zumindest sich androht, womöglich konterkariert wird. Wenn wir nämlich statt den Zugang zu verbessern, den Zugang zu Ärztinnen und Ärzten massiv einschränken, indem am Ende nur noch Fachärztinnen und Fachärzte bestimmte Dinge verordnen dürfen. Wenn wir den Zugang zu einem bestimmten Teil dieses Mittels, nämlich zu den Blüten, so massiv einschränken, dass sie faktisch gar nicht mehr verfügbar sind, dann schaffen wir selbst und zwar nicht ein Versorgungsengpass, sondern ein Versorgungsstopp für eine große Zahl von Patientinnen und Patienten.

Und das – aus meiner Sicht – darf nicht passieren. Und an der Stelle und da bin ich ganz zuversichtlich, dass das Ministerium das auch sehr genau im Blick haben wird. An der Stelle können wir durchaus eingreifen und an der Stelle können wir durchaus dafür sorgen, dass genau das nicht passiert. Ich würde mir wünschen, wenn wir hier eher zu Weiterentwicklungen kämen und dafür sorgen würden, dass wir nicht bei einem solchen Medikament am Ende zu erheblichen Problemen kommen. Wir müssen natürlich den Antrag, egal wie tiefschürfend er ist, sinnvoll weiterdiskutieren. Und es ist ganz wichtig, dass wir bei der Frage der Lieferengpässe und der Versorgungsengpässe endlich zur Lösung kommen. Ich bin aber sicher, die Ampel wird das mit ihrer gewohnten Strategie in die Zukunft schauen, Lösungen bieten, auch schaffen und in diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.”

Presseschau: Cannabis-Legalisierung in zwei Schritten (ÄrzteZeitung)

Möglicherweise muss die Legalisierung von Cannabis in 2 Schritten erfolgen,. Darüber berichtete auch die Ärzte Zeitung. So könnte eine Entkriminalisierung noch in diesem Jahr erfolgen, während die Legalisierung nach den Vorstellungen der Bundesregierung später folgen könnte.

Cannabis-Legalisierung in zwei Schritten

Augsburg. Wer darauf hofft, Cannabis bald ganz legal anbauen und vertreiben zu können, muss wohl noch Geduld aufbringen. Dagegen soll die von der Bundesregierung angekündigte Legalisierung von Besitz und Konsum der Pflanze rasch umgesetzt werden, wie die „Augsburger Allgemeine" (Freitag) berichtet.

Aufgrund europarechtlicher Probleme erwäge die Ampel-Koalistion, die Pläne für eine Cannabis-Freigabe möglicherweise in mehreren Schritten umzusetzen, sagte die SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge der Zeitung: „Noch in diesem Jahr muss die Entkriminalisierung kommen." Der weiterreichende Teil zur Legalisierung von Cannabis-Anbau und -Handel könnte demnach im Gesetzespaket abgetrennt werden.

Teilvorlage bei EU
Derzeit arbeiteten acht Ministerien unter Hochdruck an dem Gesetzentwurf, so die Politikerin. „Ich gehe deshalb davon aus, dass wir den Zeitplan halten werden und ihn spätestens Ende März vorlegen." Während für die Straffreiheit keine Zustimmung aus Brüssel benötigt wird, ist der Zeitbedarf für die Klärung von Rechtsfragen der Legalisierung des Anbaus und Handels von Cannabis offen. „Es könnte sein, dass wir nur einen Teil des Gesetzes der EU vorlegen", erklärte die SPD-Rechtsexpertin.

Presseschau: Cannabis: Gutachten zur Legalisierung vergeben (Ärzteblatt)

Die Bundesregierung hat das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg mit einem Gutachten zu Legalisierung betraut. Das Gutachten soll Ende März vorliegen.

Gutachten zur Legalisierung vergeben

Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD Hamburg) hat vom Bund die Aufgabe erhalten, die geplante Legalisierung von Cannabis wissenschaftlich zu beleuchten. Das Gutachten soll bis zum 31. März dieses Jahres vorliegen. Der Auftrag wurde Ende des vergangenen Jahres vergeben. Ziel sei es, dem Ministerium rund zwei Wochen vorher die Ergebnisse zu präsentieren, sagte Projektleiter Jakob Manthey vom ISD Hamburg. Das Forscherteam, das bereits im Oktober des vergangenen Jahres eine Ausarbeitung zur Cannabislegalisierung erstellt hatte, die als Vorlage für die Eckpunkte zur Cannabislegalisierung diente, hat aus dem Ministerium acht Fragen mit auf den Weg bekommen, die unter diversen Gesichtspunkten beleuchtet werden sollen. Eine Zielebene beziehe sich etwa auf die gesundheitlichen Aspekte der Cannabislegalisierung, erklärte Manthey. Das betreffe etwa Konsum, Folgen für den Straßenverkehr und auch Abhängigkeitsaspekte. Darüber hinaus gehe es um den Jugendschutz sowie um die Auswirkungen auf den illegalen Drogenhandel. In dem Projekt soll konkret der Wissensstand zu den Auswirkungen der Cannabislegalisierung zusammengefasst werden. Dazu soll es einerseits eine systematische Literaturrecherche geben. Darüber hinaus beziehen die Forscher fünf Fachleute aus Kanada, USA, Uruguay und der Schweiz ein. Analysiert werden sollen damit auch die Erfahrungen aus Nord- und Südamerika, den Niederlanden und der Schweiz. Das Bundeskabinett hatte Ende Oktober vergangenen Jahres Eckpunkte für die von der Ampelkoalition geplante kontrollierte Abgabe beschlossen. Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen demnach rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch Apotheken möglich werden.

Presseschau: Karl Lauterbach bei „Hart aber Fair“ „Skrupellose Händler dürfen Kinder nicht als Dauerkunden gewinnen“ (Rheinische Post)

Die geplante Legalisierung von Cannabis für den Freizeitkonsum ist auch Thema in Talkshows. So verteidigte Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) die Pläne der Bundesregierung.

Karl Lauterbach bei „Hart aber Fair“ „Skrupellose Händler dürfen Kinder nicht als Dauerkunden gewinnen“

„Saufen normal, Kiffen bald legal: Ist Deutschland auf dem falschen Trip?“ Bei “Hart aber Fair” ging es erst um die ganz legale Trinkerei. Dann stritten sich Karl Lauterbach und Markus Blume um die Cannabis-Legalisierung.

Darum ging es
Wird der Suff verharmlost und das Kiffen verteufelt? “Hart aber Fair” hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingeladen, der Cannabis legalisieren will. Louis Kalmroth fragt am Abend in der ARD: Wie gefährlich ist das für Jugendliche und wie glaubwürdig ist ein Staat, der zum Dealer wird? Außer einem CSU-Politiker diskutieren eine nicht-trinkende Journalistin, ein kiffender Rapper und eine Psychologin.

Die Gäste
Curly, Rapper, Songwriter und Podcast-Host
Markus Blume, Bayrischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, CSU
Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister, SPD
Nathalie Stüben, Journalistin und Buchautorin
Sabine Ahrens-Eipper, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin

Der Talkverlauf
Legale Rauschmittel machen am Abend bei “Hart aber Fair” den Anfang: Karl Lauterbach, der einräumt, selbst gern ein zwei Glas Rotwein zu trinken, glaubt, “dass wir als Gesellschaft zu viel Alkohol trinken”. Der Bundesgesundheitsminister hat aber auch eine gute Nachricht: Generell werde deutlich weniger getrunken, und vor allem das “sich Betrinken” sei aus der Mode gekommen. (…)

Die nahende Prohibition des Alkohols ist jedoch nicht Thema des Abends. Klamroth will vor allem über die von der Ampel-Koalition geplante Legalisierung von Cannabis diskutieren und hat mit Markus Blume einen Oppositionspolitiker eingeladen, der die Idee ganz und gar absurd findet: Als Lauterbach berichtet, die Regierung arbeitet in der Tat an mehr Suchtprävention auch im Bereich Alkohol kritisiert er: Auf der einen Seite sei die Koalition “mit dem Thema verbieten unterwegs”, auf der anderen Seite wolle sie neuen Suchtmitteln die Tür öffnen: “Saufen kann sicherlich keine Legitimation fürs Kiffen sein”, sagt er und erntet Applaus, wenngleich sein Punkt nicht ganz klar ist.
Lauterbach war kürzlich im Görlitzer Park unterwegs, einer Gegend in Berlin, in der viel mit Drogen gehandelt wird und widerspricht dem CSU-Mann aus München: “Wir führen ja nicht den Cannabis-Konsum in Deutschland ein”, sagt er. Der sei ja da und werde immer mehr. Das Elend der “heruntergekommenen Abhängigen” im Görlitzer Park sei es, dem man beikommen wolle, das stehe für eine misslungene Drogenpolitik. “Wenn schon gekifft wird, würde ich lieber haben, dass wenigstens der Schwarzmarkt und die ganze Kriminalität wegkäme und daran arbeiten wir”, verteidigt er die geplanten Gesetzesänderungen. Wenn der Staat die Preise kontrolliere, werde der Schwarzmarkt verschwinden, so eine der Ideen. (…)

Lauterbach verteidigt weiter den Legalisierungsansatz, bei dem es vor allem darum gehe, dass “skrupellose Händler Kinder nicht als Dauerkunden gewinnen und nicht in eine Multiabhängikgeit bringen.” Die Kontrolle von Markt und Anbau könne dabei eine wichtige Funktion haben. (…)

Einige weitere Meldungen der vergangenen Tage

Niederlande: Studie zu Cannabis-Konsum (ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände)

Cannabis-Legalisierung: Doppeltes Spiel des Gesundheitsministeriums? (krautinvest)

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