Das ZDF berichtete in ihrer Sendung „Volle Kanne“ über den Stand der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten in Deutschland. In einem Text zu der Sendung vom 29. November heißt es:
„Cannabis ist die in Deutschland am häufigsten konsumierte illegale Droge. Egal ob Haschisch oder Marihuana: Wer Cannabis-Produkte besitzt, macht sich strafbar und muss unter Umständen mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Doch das Rauschmittel hat auch eine andere Seite: Schon lange wird der Wirkstoff erfolgreich in der Medizin eingesetzt – bei verschiedenen Krankheiten und Symptomen.
Cannabis wird aus Hanf gewonnen. Der im Cannabis enthaltene Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) beeinflusst in erster Linie das Zentralnervensystem. Beim Rausch treten eine Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und eine Bewusstseinsveränderung ein, was positive, aber auch negative Empfindungen hervorrufen kann.
Der Besitz ist strafbar – der Konsum dagegen nicht.
Über das Potenzial einer körperlichen Sucht nach Konsum der Droge gehen die Meinungen auseinander; unbestritten sind dagegen die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit und das Risiko für Psychosen. In Deutschland ist die bloße Einnahme von Cannabis nicht strafbar, jedoch die Herstellung, die Ein- und Ausfuhr, der Verkauf, aber auch der Besitz der Droge.
Cannabis in der Medizin
In einigen Ländern, auch in Deutschland, werden THC-haltige Substanzen (wie das synthetische Dronabinol) eingeschränkt in der Medizin verwendet. Eingesetzt wird dies zum Beispiel bei Spasmen und Koordinationsstörungen der Muskulatur bei Multipler Sklerose, Querschnitterkrankungen und hyperkinetischen Bewegungsstörungen.
Häufig wird Cannabis aber als reines Schmerzmittel angewendet, zum Beispiel bei durch Nervenschädigungen ausgelösten Schmerzen, Migräne oder Phantomschmerzen. Den größten Stellenwert hat es bisher in der Palliativmedizin. Cannabis kann auch eine entzündungshemmende Wirkung (zum Beispiel bei Arthritis) haben.
Viele Einsatzgebiete
Patienten, die infolge einer Krankheit wie AIDS oder Krebs unter Abmagerung leiden, kann THC helfen, den Appetit anzuregen. Bei Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie kommt die Droge gelegentlich als Ergänzungspräparat zum Einsatz. Weitere mögliche Einsatzgebiete sind Glaukomerkrankungen, Epilepsien, der Entzug von anderen Drogen, Asthma und die Alzheimer-Demenz.
Die Dosierung und Häufigkeit der Einnahme muss ärztlich überwacht werden, gerade im Hinblick auf die Nebenwirkungen des psychoaktiven Spektrums. Von den meisten Patienten wird das THC aber gut vertragen. Akute unerwünschte Nebenwirkungen sind Beschleunigung des Herzschlages, Blutdruckabfall und Mundtrockenheit.
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Erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen
Viele Betroffene schildern den Rausch als eine Art Entlastung von der Krankheit. Allerdings können auch Angstzustände, Psychosen, Denkstörungen, Gedächtnislücken und Antriebslosigkeit entstehen. Cannabis birgt die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit. Im kontrollierten therapeutischen Rahmen scheint das Suchtpotential jedoch aufgrund der niedrigen Dosierung verhältnismäßig gering zu sein.
Rechtliche Grundlagen
In Deutschland sind Cannabis-Produkte auch in der medizinischen Anwendung vorerst nicht legalisiert. Seit 1998 darf aber der Cannabiswirkstoff Dronabinol von Ärzten verschrieben werden. In Deutschland ist er jedoch arzneimittelrechtlich nicht zugelassen, so dass die Krankenkassen nur in Ausnahmefällen zur Kostenübernahme verpflichtet sind. Einige Betroffene stehen vor dem Problem der Finanzierung einer Therapie.
Die medizinische Verwendung anderer Cannabis-Produkte kann unter bestimmten Voraussetzungen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragt werden. Auch wenn im Jahr 2007 die ersten Ausnahmegenehmigungen erteilt wurden, stellt das Institut hohe Anforderungen. Der behandelnde Arzt muss darlegen, dass alternative Therapien nicht ausreichend wirksam sind oder zu starke Nebenwirkungen verursachen.
Zukunftsmusik
Derzeit gibt es in Deutschland nur etwa vierzig Patienten mit einer solchen Ausnahmegenehmigung. Im Jahr 2011 könnte erstmals ein Cannabis-Präparat in Deutschland zugelassen werden – zunächst begrenzt für die Behandlung von Spastiken bei Multipler Sklerose. Die Krankenkassen müssten dann (bei gegebener Indikation) für dieses Präparat die Kosten übernehmen.“
Internetseite:
https://vollekanne.zdf.de/ZDFde/inhalt/31/0,1872,8144063,00.html
(Quelle: ZDF vom 29. November 2010)