Am 25. September 2013 eröffnete die Staatsanwaltschaft Baden-Baden ein Ermittlungsverfahren gegen René Pursche, der aufgrund einer ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) eine Erlaubnis für den Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke durch die Bundesopiumstelle besitzt. Am 21. September 2013 wurde bei Herrn Pursche eine Hausdurchsuchung durchgeführt, bei der eine Aufzuchtanlage, eine Dose Haschischöl und 3 Cannabispflanzen beschlagnahmt wurden.
Als Gründe für den Beschluss zur Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens führt die Staatsanwaltschaft aus: „Der Beschuldigte verwahrte am 21.9.2013 neben Haschisch auch die oben genannten Gegenstände, dabei die Pflanzen in der Aufzuchtanlage, in seiner Wohnung (…), welche im Rahmen einer Durchsuchung zum Zwecke des Auffindens und der Beschlagnahme von Haschisch aufgefunden werden konnten. (…) Über eine entsprechende behördliche Erlaubnis verfügt der Beschuldigte nicht.“
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) beschloss einstimmig, Herrn Pursche bei einer möglichen juristischen Auseinandersetzung zu unterstützen. Herr Pursche befindet sich seit einem Jahr in der Behandlung bei Dr. Franjo Grotenhermen, Vorstandsvorsitzen- der der ACM, der seit April 2012 eine privatärztliche Praxis vor allem für Patienten betreibt, die keinen Arzt finden, der sich mit der Behandlung mit Cannabisprodukten auskennt. Sein Patient kann sich aufgrund seiner bescheidenen finanziellen Verhältnisse diesen Cannabis nicht in dem nötigen, für seine Therapie erforderlichen Umfang leisten.
„Es ist gut, dass die Bundesopiumstelle bzw. das Bundesgesundheitsministerium die Möglichkeit eröffnet hat, dass Patienten eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke erhalten können“, erklärte Grotenhermen. „Allerdings ist die aktuelle Situation weiterhin durch eine Zweiklassenmedizin charakterisiert, in der vermögende Patienten sich ihren Cannabis in der Apotheke kaufen, bei einem Preis von 14 bis 25 € pro Gramm, während mittellose Patienten weiterhin von Strafverfolgung bedroht sind. Genau diese Situation wollte das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 19. Mai 2005 aufheben, denn das Gericht hatte erklärt, dass man die Patienten nicht auf „ein Arzneimittel, das weder ohne weiteres verfügbar noch für den normalen Bürger erschwinglich ist“ verweisen darf. Es handelt sich bei der Beschlagnahme im konkreten Fall um einen Eingriff in das im Grundgesetz verankerte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“
Denn das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Urteil vom 19. Mai 2005 geschrieben: „In das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann nicht nur dadurch eingegriffen werden, dass staatliche Organe selbst eine Körperverletzung vornehmen oder durch ihr Handeln Schmerzen zufügen. Der Schutzbereich des Grundrechts ist vielmehr auch berührt, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gemildert werden kann und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt und aufrechterhalten werden.“ Zudem regte das Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall die Erlaubnis zum Eigenanbau an. So heißt es im Urteil weiter: „Die Entscheidung, einem Patienten den Erwerb oder, was insbesondere bei Cannabis in Betracht kommt, etwa den Anbau zu gestatten, bleibt stets eine Einzelfallentscheidung.“
„Jetzt wird juristisch zu klären sein, ob das staatliche Handeln im konkreten Fall eine Körperverletzung und damit ein Unrecht darstellt, oder ob es ein strafbares Unrecht ist, wenn ein Patient, der nach einer Prüfung durch die Bundesopiumstelle, die der Aufsicht des Bundesgesundheitsministeriums untersteht, Cannabis benötigt, diesen Cannabis für den eigenen medizinischen Bedarf anbaut, weil er sonst aufgrund seiner Einkommensverhältnisse keine Alternative, insbesondere nicht die des Kaufs in einer Apotheke hat“, ergänzt Grotenhermen.