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Schreiben von Dr. Franjo Grotenhermen an den Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände

Aus der Apotheker- und der Ärzteschaft gab es in den Medien vereinzelt Kritik an den Urteilen des Verwaltungsgerichts Köln. Beispielsweise wurden die Gefahren des Cannabiskonsums hervorgehoben, obwohl es sich um schwerkranke Patienten handelte, oder es wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei selbstangebautem Cannabis nicht um eine Substanz mit arzneilicher Qualität handelt, obwohl bereits das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2005 darauf hingewiesen hat, dass dies kein Argument gegen eine Erlaubnis zum Eigenanbau darstellt.

Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Dr. Andreas Kiefer hatte sich in der Pharmazeutischen Zeitung zu Wort gemeldet. Dort heißt es:

„Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Andreas Kiefer, sieht das gestrige Cannabis-Urteil am Kölner Verwaltungsgericht kritisch. Die Richter hatten entschieden, dass Schmerzpatienten in Ausnahmefällen Cannabis zu Therapiezwecken selbst zu Hause anbauen dürfen. Kiefer hält das für den falschen Weg. «Wenn Cannabis gegen Schmerzen eingesetzt wird und die Funktion eines Arzneimittels hat, dann muss es auch wie ein Arzneimittel behandelt werden», sagte er. So sollte es vom Arzt verordnet, von der Krankenkasse bezahlt und von der Apotheke unter kontrollierten Bedingungen abgegeben werden.

Wichtig sind dem BAK-Präsidenten zudem strenge Qualitätskontrollen. An Cannabisblüten müssten «vom Anbau bis zur Anwendung die Standards angelegt werden, die für alle Arzneimittel gelten», forderte er. Demnach müssten sie entweder ein herkömmliches Zulassungsverfahren durchlaufen oder eine Monographie, wie der Deutsche Arzneimittel-Codex, müsse die pharmazeutischen Qualitätsstandards eindeutig definieren. Dies sei bislang jedoch nicht der Fall. Bei einem «Eigenanbau im Wintergarten» sei die Einhaltung der für Arzneimittel üblichen Qualitätsstandards daher nicht gewährleistet, so Kiefer. Detailliert möchte sich die BAK erst dann zu dem Richterspruch äußern, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.“

Schreiben von Dr. Grotenhermen vom 25. Juli 2014

„Sehr geehrter Herr Dr. Kiefer,

ich teile Ihre grundsätzliche Auffassung, dass Cannabisprodukte hinsichtlich ihrer medizinischen Verwendung genauso behandelt werden sollten wie andere Medikamente. Das beinhaltet die Abgabe klinisch geprüfter Medikamente in der Apotheke und den Anbau von Heilpflanzen für den eigenen persönlichen Bedarf.

Medikamente auf Cannabisbasis, die in der Apotheke abgegeben werden, müssen den üblichen hohen Anforderungen an alle anderen Medikamente, die in Deutschland in Apotheken erhältlich sind, vom Arzt verschrieben und von den Krankenkassen erstattet werden, erfüllen.

Anders verhält es sich mit selbst angebauten Heilpflanzen und Drogen, die für den eigenen Bedarf angebaut und hergestellt werden, ob es sich nun um Kamille, Tollkirsche, Tabak oder Trauben für die Herstellung von Wein handelt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits in seinem Urteil vom 19. Mai 2005 (BVerwG 3 C 17.04) festgestellt, dass die betroffenen Patienten wissen, dass sie, wenn sie selbst ange¬bauten Cannabis verwenden, kein Arzneimittel nach dem Arzneimittelrecht einnehmen. Konkret heißt es im Urteil: „Dabei ist sich der Betroffene bewusst, dass es keinerlei Gewähr für die therapeutische Wirksamkeit des eingesetzten Betäubungsmittels gibt.“

Es ist aus Gleichbehandlungsgründen unzulässig, diese beiden Aspekte zu vermischen. Diese Vermischung wird im Allgemeinen auch nicht von Apothekern vorgenommen. Sie widerspricht auch der Systematik der Gesetzgebung im Bereich Pharmazie und Arzneimittel.

Ich bin für eine Gleichbehandlung von Cannabis mit anderen arzneilich genutzten Substanzen. Dies betrifft aber beide Aspekte der arzneilichen Nutzung, die Abgabe in Apotheken und die Herstellung bzw. den Anbau für den eigenen Bedarf. Der einzige Unterschied zwischen Cannabis und anderen selbstgenutzten Heilpflanzen oder Drogen ist die Tatsache, dass es sich bei Cannabis um ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel handelt. Daher werden beim Eigenanbau von Cannabis gerichtlicherseits besondere Sicherungsmaßnahmen gefordert. Dies hat aber nichts mit den von Ihnen angesprochenen Qualitätsanforderungen an Arzneimittel aus der Apotheke zu tun, die auch bei anderen Heilpflanzen beim Eigenanbau nicht verlangt werden.

Verschärft wird die Situation der Patienten dadurch, dass ihnen Arzneimittel aus der Apotheke, die von den Krankenkassen erstattet werden, im Allgemeinen nicht zur Verfügung stehen. Im Urteil heißt es: „Der Verweis auf ein Arzneimittel, das weder ohne weiteres verfügbar noch für den normalen Bürger erschwinglich ist, stellt aber keine Alternative dar, die das öffentliche Interesse am Einsatz von Cannabis zur Krankheitsbekämpfung entfallen lässt.“

Die aktuellen Urteile des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Juli 2014 beziehen sich auf diese Situation und dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2005 und spätere Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster (siehe Urteil vom 11. Juni 2014). Auch die Cannabisblüten aus der Apotheke sind nicht ohne weiteres verfügbar.

Selbstverständlich wäre es wünschenswert, wenn mehr Patienten als heute die Möglichkeit erhielten, standardisierte Medikamente auf Cannabisbasis verwenden zu können. Dies muss unser gemeinsames Ziel sein, und wir kommen diesem auch langsam näher. Dies ist jedoch noch ein langer Weg, für viele Indikationen vermutlich noch ein Jahrzehnte langer Weg. So lange können die Betroffenen aber nicht warten, und es bedarf Übergangslösungen. Wir können als Ärzte und Apotheker nicht die Realität negieren und müssen unseren Patienten auch heute helfen, so gut es unter den gegebenen Umständen möglich ist.

Ich bitte daher um Verständnis für die schwierige Lage vieler Patienten und um eine differenzierte Bewertung.“

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