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Widerspruch befristete Kostenuebernahme

Sozialgericht Lüneburg 2018

Urteil vom Bundesverwaltungsgericht von 2016

Patientenurteil Amtsgericht Esslingen

Oberlandesgericht Karlsruhe 2004

Bundesverfassungsgericht 2000

Bundesverfassungsgericht 2005

Bundesverwaltungsgericht 2005

Bundessozialgericht 2010

Verwaltungsgericht Köln 2011

Oberverwaltungsgericht Münster 2012 und 2014

Verwaltungsgericht Köln 2014

Bundesverfassungsgericht 2015

Patientenurteile


Amtsgericht Esslingen 2015

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Der Angeklagte ist aus rechtlichen Gründen freizusprechen.

Dem Angeklagte wurde im Strafbefehl vom 03.03.2015 vorgeworfen, bis zum 13.06.2014 in seiner Wohnung zehn Cannabispflanzen aus Samen herangezogen zu haben, die zum Zeitpunkt ihrer Sicherstellung eine Wuchshöhe von wenigen Zentimetern erreicht hätten und von denen sich ein Trockengewicht von 3,1 Gramm konsumfähigen Blattmaterials ergeben habe. Zudem habe er in den Wohnräumen acht Cannabissamen zum gelegentlichen Anbau verwahrt.

Der objektive Sachverhalt wurde vom Angeklagten in vollem Umfang eingeräumt. Er hat sich im Wesentlichen dahingehend eingelassen, dass er das sichergestellte Cannabis zur Selbstmedikation anbauen wollte.

Der Angeklagte ist freizusprechen, weil jedenfalls ein entschuldigender Notstand gemäß 35Abs. 1 SIGB vorlag.

Oberlandesgericht Karlsruhe 2004

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat im Jahr 2014 geurteilt, dass Patienten unter bestimmten Vorraussetzungen vom Vorwurf der Illegalen Cannabis verwendung freigesprochen werden müssen, da ein rechtfertigender Notstand vorliegt.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 2004 (3 Ss 187/03) zeigt auf, unter welchen Bedingungen sonst illegale Cannabis-Produkte von Patienten medizinisch verwendet werden dürfen. Nach der Presseerklärung müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

In der Presseerklärung heißt es: „Dabei sei für die Annahme einer solchen Eignung zwar nicht erforderlich, dass dieses Mittel die Gefahrenlage sicher oder mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließe, vielmehr reiche es aus, dass die erfolgreiche Abwendung des Schadens nicht ganz unwahrscheinlich sei.“ Die vollständige Presseerklärung des Oberlandesgerichts Karlsruhe mit dem Titel „Einnahme von Cannabis zur medikamentösen Behandlung kann aus Notstandsgesichtspunkten gerechtfertigt sein“ kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Bundesverfassungsgericht 2000

Das deutsche Betäubungsmittelgesetz erlaubt die Verwendung von illegalen Drogen nur zu „wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken“. Eine solche Genehmigung erteilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn. Im Jahr 2007 wurden die ersten Anträge von Patienten auf eine Ausnahmegenehmigung für eine medizinische Verwendung von Cannabis genehmigt. In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Januar 2000 (AZ2 BvR 2382 – 2389/99) heißt es: „Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis (…) rechtfertigen kann.“

Bundesverfassungsgericht 2005

In einem Beschluss vom 6. Dezember (Aktenzeichen: 1 BvR 347/98), der am 16. Dezember veröffentlicht wurde, hat das Bundesverfassungsgericht einer Verfassungsbeschwerde eines Patienten stattgegeben. In der Beschwerde forderte der an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidende Kläger die Erstattung der Behandlungskosten für eine nicht zugelassene Behandlung durch seine Krankenkasse.

Dieses Urteil hat Auswirkungen auf die Kostenübernahme von Cannabinoiden durch die Krankenkassen.

Es sei mit der grundgesetzlich garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit, dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf Leben nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Das Bundessozialgericht hat dieses Urteil in einer Entscheidung vom 13.10.2010 präzisiert (siehe dort).
Pressemitteilung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Bundesverwaltungsgericht 2005

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2005 (BVerwG 3 C 17.04) bestätigt die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und konkretisiert sie. Danach könne das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Anträge auf die medizinische Verwendung von Cannabis nicht pauschal ablehnen, wie das bisher geschehen war. Das Urteil erging im Fall eines 56-jährigen Rechtsanwalts, der unter multipler Sklerose leidet und medizinisch von Cannabis profitiert.

In seiner Begründung für das Urteil schreibt das Bundesverwaltungsgericht: „Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist kein globaler Akt, der sich auf eine Masse nicht unterscheidbarer Personen bezieht. Sie realisiert sich vielmehr stets durch die Versorgung einzelner Individuen, die ihrer bedürfen.“ Das Bundesverwaltungsgericht betont in seinem Urteil den hohen Wert des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Es schreibt: „In das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann nicht nur dadurch eingegriffen werden, dass staatliche Organe selbst eine Körperverletzung vornehmen oder durch ihr Handeln Schmerzen zufügen. Der Schutzbereich des Grundrechts ist vielmehr auch berührt, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gemildert werden kann und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt und aufrechterhalten werden.“

Ärzte dürften zwar keinen Cannabis verschreiben. Dies hindere „sie aber nicht, einen Patienten medizinisch zu betreuen und zu begleiten, der auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG solche Mittel im Rahmen der Schmerztherapie bei sich anwendet.“ Auf das Argument, Patienten könnten sich auch vom Arzt Dronabinol verschreiben lassen, auch wenn dieses teuer sei und von den Krankenkassen nicht immer erstattet werde, entgegnet das Bundesverwaltungsgericht: „Der Verweis auf ein Arzneimittel, das weder ohne weiteres verfügbar noch für den normalen Bürger erschwinglich ist, stellt aber keine Alternative dar, die das öffentliche Interesse am Einsatz von Cannabis zur Krankheitsbekämpfung entfallen lässt.“

Das BfArM hat bisher nur Ausnahmegenehmigungen für die Verwendung eines Cannabisextraktes, der von der Firma THC Pharm hergestellt wird, erteilt, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil geschrieben hatte, dass „insbesondere bei Cannabis“ die Erlaubnis zum Eigenanbau in Frage komme. Konkret heißt es im Urteil: „Die Entscheidung, einem Patienten den Erwerb oder, was insbesondere bei Cannabis in Betracht kommt, etwa den Anbau zu gestatten, bleibt stets eine Einzelfallentscheidung. Sie muss die konkreten Gefahren des Betäubungsmitteleinsatzes, aber auch dessen möglichen Nutzen in Rechnung stellen. Dieser kann gerade bei schweren Erkrankungen, wie sie hier in Rede stehen, auch in einer Verbesserung des subjektiven Befindens liegen. Dabei ist sich der Betroffene bewusst, dass es keinerlei Gewähr für die therapeutische Wirksamkeit des eingesetzten Betäubungsmittels gibt“ (Seite 14 des Urteils). Ausführliche Erläuterungen zu dem Urteil finden sich in einer Presseerklärung der ACM vom 16. November 2005.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts findet sich hier.

Bundessozialgericht 2010

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 13.10.2010 (Az.: B 6 KA 48/09 R) festgestellt, dass die Verordnung eines Medikamentes (Megestrolazetat) auch bei Krebskranken nicht von den Krankenkassen erstattet werden muss. Bisher war vielfach davon ausgegangen worden, dass aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 zumindest bei regelmäßig tödlichen Erkrankungen eine Erstattungspflicht für nicht zugelassene Medikamente bestehe, wenn diese den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können. Dies gab bisher einen kleinen Spielraum auch für die Kostenerstattung von Dronabinol.

Die Richter des Bundessozialgerichts stellten jedoch klar, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beziehe sich nicht auf die Verbesserung der Lebensqualität, sondern nur auf die Erfüllung der Hoffnung des Patienten auf eine rettende Behandlung in einer aussichtslosen gesundheitlichen Situation. Hoffnung könne in diesem Sinne ein Patient aber nur mit den Behandlungsmethoden verbinden, die geeignet sind, auf seine mutmaßlich tödlich verlaufende Grunderkrankung als solche einzuwirken. Nur bei einer Aussicht auf Heilung könne die Krankenkasse eine Behandlung nicht wegen Fehlens wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit verweigern. Da Cannabisprodukte keine Heilungsaussichten bei regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen eröffnen, sind die Krankenkassen auch bei Dronabinol vermutlich ebenfalls grundsätzlich nicht zu einer Kostenerstattung verpflichtet.
Pressemitteilung zum Urteil des Bundessozialgerichts.

Verwaltungsgericht Köln 2011

Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem Urteil vom 21. Januar einem an multiple Sklerose erkrankten Patienten, der einen Antrag auf Eigenanbau von Cannabis für medizinische Zwecke gestellt hatte, zum Teil Recht gegeben. Die Ablehnung des Antrags durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 10. August 2010 sei rechtswidrig gewesen, erklärte das Gericht. Die Behörde muss nun neu über den Antrag entscheiden. Die Ablehnung des Antrags war vor allem mit Sicherheitsbedenken beim Anbau in der Wohnung, der Verwendung einer nicht standardisierten Substanz und der Schädigung des internationalen Ansehens Deutschlands durch eine Erlaubnis zum Eigenanbau begründet worden. Zudem argumentierte das BfArM, dass der Antragsteller Zugang zu Cannabis aus der Apotheke habe.

Der Antragsteller besitzt bereits eine Ausnahmegenehmigung vom BfArM zur Verwendung von Cannabis aus der Apotheke, der aus den Niederlanden importiert wird. Angesichts des erheblichen Bedarfs an Cannabis kann er sich diesen jedoch finanziell nicht leisten. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass zwingende Gründe gegen eine Erlaubniserteilung nicht vorlägen. Die geplanten Sicherungsmaßnahmen des Klägers seien ausreichend. Der mit der Erlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen das internationale Suchtstoffabkommen müsse nicht zwingend zu einer Versagung der Erlaubnis führen. Das BfArM habe auch beim Verstoß gegen das Abkommen einen Ermessensspielraum, innerhalb dessen auch die Interessen des Klägers angemessen zu berücksichtigen seien. Dieses Ermessen habe die Behörde nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Die Ablehnung vom 10. August basierte auf einer Anweisung durch das Bundesgesundheitsministerium. Aus den Aktennotizen in den Unterlagen des Antragsteller beim BfArM geht hervor, dass eine Erlaubnis zum Selbstanbau in seinem Fall „ohne Alternative“ sei, das Institut jedoch der Anweisung Folge leisten musste. Das Bundesgesundheitsministerium hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln findet sich hier.

Oberverwaltungsgericht Münster 2012 und 2014

Oberverwaltungsgericht Münster: Patienten dürfen Cannabis zur Selbsttherapie anbauen, das BfArM habe jedoch weiterhin einen Ermessensspielraum und könne den Eigenanbau weiterhin ablehnen.

Schwerkranke Bundesbürger dürfen unter strengen Voraussetzungen Cannabis zuhause selbst anbauen. Dies stellte das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Urteil vom 7. Dezember 2012 fest (OVG NRW 13 A 414/11). Die Begründung wurde nun veröffentlicht. Patienten, für deren Erkrankungen keine anderen und zumutbaren Therapien zur Verfügung stehen, jedoch von Cannabisprodukten medizinisch profitieren, können einen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn stellen, damit sie im Rahmen einer ärztlich begleiteten und überwachten Selbsttherapie Cannabispflanzen in ihrer Wohnung anbauen dürfen. Bislang wurden solche Anträge auf Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums grundsätzlich abgelehnt. Diese Praxis ist aber rechtswidrig, erklärte das Gericht.

Patienten, deren Krankenkassen die Kosten einer Therapie mit cannabinoidhaltigen Medikamenten übernehmen, haben allerdings keinen Anspruch auf eine Genehmigung zum Eigenanbau. Dies stellte das Gericht im konkreten Fall bei einem an Multipler Sklerose erkrankten Kläger fest und gab in diesem konkreten Einzelfall der beklagten Bundesrepublik Deutschland  recht, die die Erlaubnis zum Eigenanbau hier verweigert hatte. Der Kläger habe bisher nicht überzeugend darlegen können, dass das von seiner Krankenkasse bezahlte Medikament Dronabinol bei ihm nicht die gleiche medizinische Wirkung, wie der von ihm selbst angebaute Cannabis habe.

Die Argumente der Bundesopiumstelle gegen eine grundsätzliche Erteilung einer Genehmigung für den Eigenanbau durch Patienten wurden vom Gericht jedoch vollständig zurückgewiesen.  Das Urteil stellt klar: „Fehlt aber eine erschwingliche Behandlungsalternative, kommt die – im Ermessen des BfArM stehende – Erteilung einer Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis in Betracht.“ Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte könne beim Eigenanbau zu therapeutischen Zwecken von den Antragstellern keine Sicherungsmaßnahmen gegen eine Entwendung verlangen, wie sie von pharmazeutischen Unternehmen gefordert wird. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes wie auch die internationalen Suchtstoffübereinkommen müssten so ausgelegt werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis an Privatpersonen möglich ist. Die Beschwerde des Patienten wurde dennoch abgewiesen, da er mit Dronabinol eine Alternative zum Selbstanbau von Cannabis besitze.

Bei der erneuten Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster am 11. Juni 2014 konzentrierte sich die Beweiserhebung auf die Frage, ob Dronabinol (THC) bei Michael F. die gleiche therapeutische Wirkung wie sein selbst angebauter Cannabis entfaltet. Dies wurde vom Gericht nach Anhörung der beiden behandelnden Ärzte verneint.

Trotz dieser Feststellung sprach das Gericht der Bundesopiumstelle in der Frage der Erlaubnis des Eigenanbaus weiterhin einen Ermessensspielraum zu. Konkret heißt es im Urteil (13 A 414/11): „Das Fehlen zwingender Versagensgründe rechtfertigt es indes nicht, die Beklagte [gemeint ist die Bundesopiumstelle bzw. die Bundesrepublik Deutschland] entsprechend dem Antrag des Klägers zur Erteilung der Erlaubnis zu verpflichten, vielmehr steht die begehrte Erlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.“

Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen das Urteil Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Es ist also noch nicht rechtskräftig.

Verwaltungsgericht Köln 2014

Patienten dürfen in bestimmten Fällen Cannabis selbst anbauen und der Ermessensspielraum der Bundesopiumstelle wird auf Null reduziert.

Das Verwaltungsgericht Köln hat am 22. Juli 2014 im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 08. Juli 2014 die Urteile zu den Klagen von fünf Patienten verkündet. Die fünf Kläger klagen das Recht auf den Eigenanbau von Cannabis ein, weil die Bundesopiumstelle ihre Anträge abgelehnt hat. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Bundesopiumstelle bei ihren Entscheidungen über die Anträge ihren Ermessensspielraum falsch ausgeübt habe.

In der Pressemitteilung des Gerichts zu den Urteilen (Az: 7 K 4447/11 und andere) heißt es: „Am heutigen Tag hat das Verwaltungsgericht Köln im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2014 in fünf Verfahren, in denen die Kläger gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Genehmigung erstreiten möchten, Cannabis für den Eigenkonsum zu therapeutischen Zwecken selbst anzubauen, die Urteile verkündet. In drei der fünf Verfahren hat das Gericht das BfArM verpflichtet, über die Anträge erneut zu entscheiden; in den beiden anderen Fällen hat es die Klagen abgewiesen. (…) Die gegen die Ablehnung gerichteten Klagen hatten in drei Fällen überwiegend Erfolg. Zur Begründung wies das Gericht nochmals darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Eigenanbaus in jedem Fall eingehend und individuell zu prüfen seien. In drei Verfahren seien diese Voraussetzungen gegeben, insbesondere könne beim Anbau in den Wohnungen ein Zugriff Dritter auf die Pflanzen und Produkte hinreichend sicher ausgeschlossen werden.“

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Es kann noch Berufung eingelegt werden.

Bundesverfassungsgericht 2015

Cannabispflanzen, die von Schwerkranken zur Selbsttherapie in den eigenen vier Wänden angebaut werden, dürfen unter bestimmten Voraussetzungen nicht von der Polizei beschlagnahmt werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht  in einem Beschluss vom 11. Februar 2015 (AZ: 2 BvR 1694/14) über die Verfassungsmäßigkeit der Hausdurchsuchung bei einem Schmerzpatientin aus Hessen. Der Betroffene hatte aufgrund seines schweren Leidens im Juni 2013 von der Bundesopiumstelle eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten in der Apotheke erhalten. Wegen seiner geringen finanziellen Mittel war er jedoch nicht in der Lage, seinen täglichen Bedarf an Cannabis auf legale Weise zu decken und begann deshalb, Cannabis selbst anzubauen. Dies teilte er der Staatsanwaltschaft durch ein Schreiben seines behandelnden Arztes Franjo Grotenhermen mit. Er bat darin um eine Prüfung, ob von Strafverfolgungsmaßnahmen abgesehen werden könne und ob eine Notstandssituation vorliege. Eine Beschlagnahme der Cannabisblüten würde einen schweren Eingriff in seine gesundheitliche Situation bedeuten.

Das Amtsgericht Darmstadt ordnete dennoch im Januar 2014 die Durchsuchung seiner Wohnung sowie die Beschlagnahme eventueller Beweismittel an. In einer verschlossenen Abstellkammer wurden 21 Cannabispflanzen aufgefunden und sichergestellt. Das Landgericht Darmstadt wies die Beschwerde von Herrn Ackerman gegen die Beschlagnahme zurück, wogegen der Patient Beschwerde vor dem höchsten deutschen Gericht einlegte. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschied einstimmig, dass die Beschlüsse der Darmstädter Gerichte den Beschwerdeführer in seinem Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 des Grundgesetzes verletzt haben und damit verfassungswidrig seien. In seinem Beschluss stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass eine Durchsuchung in die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung „schwerwiegend“ eingreift. Im konkreten Fall kritisiert der Zweite Senat, dass die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme unverhältnismäßig gewesen seien: „Das Amtsgericht verzichtet in der Durchsuchungsanordnung auf jede einzelfallbezogene Begründung seiner Entscheidung, obwohl die besondere gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers, seine Mittellosigkeit, die einer angemessenen und ärztlich indizierten Therapie entgegensteht, und seine Selbstanzeige hierzu Anlass gegeben hätten. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung fehlt vollständig. (…) Die Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts sowie der diese bestätigende Beschluss des Landgerichts sind danach ebenfalls verfassungswidrig.“

Patientenurteile

Hier sind einige Urteile, die im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen Patienten wegen des unerlaubten Besitzes von Cannabis ergangen sind, dokumentiert.