Frage: Mein FA Allgemeinmedizin unterstützt mich beim Antrag.
Er hat sich bei der KV-Hessen erkundigt, ob er Cannabis verschreiben darf. Diese sagte ihm: “Klar darfst du das, es geht nur in dein Budget”. Wir sind uns unsicher, ob die Zusage der KK auch bedeutet, dass bei einer Richtgrößenprüfung (dazu kommt es durch die Verordnung sicher, durch das Überschreiten des Praxisbudgets) auch die Leistung anerkannt wird. Mein Arzt ist sehr verunsichert. Auf Privatrezept wird er weiter verschreiben, aber ich bin ja gerade in der Sozialklage weil es mir zusteht.

Antwort: Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Ärzte ist ein kompliziertes Verfahren, das dadurch zusätzlich schwierig wird, als die Überprüfungen und damit eventuell verbundene Regressforderungen oft erst nach Jahren zum Tragen kommen. Die wichtigste und strengste Überprüfungsart ist die Richtgrößenprüfung. Das Problem ist hier eine Abhängigkeit der Richtgrößenvereinbarungen von KV-Besonderheiten. Mit Blick auf Cannabis-Verordnungen ist es so, dass diese grundsätzlich in die Wirtschaftlichkeitsüberprüfungen einbezogen werden. Ärzte, die durch Verordnung von Cannabis als Medizin besonders hohe Ausgaben verursachen, müssen also, wollen sie dem Regress entgehen, eine Praxisbesonderheit geltend machen.
In der Praxis verhält es sich nun so, dass in einigen Prüfvereinbarungen insbesondere innovative, häufig kostspielige, aber dennoch wirtschaftliche Arzneitherapien in Anlagen aufgeführt sind, die automatisch als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden sollen (sog. „Anlagen-Praxisbesonderheiten“). Dies gilt z. B. für die Interferon-Therapie der Multiplen Sklerose. Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich dabei nicht um einen abschließenden Katalog von Praxisbesonderheiten. Noch nicht verbindlich geklärt ist aber, welche Art von Praxisbesonderheiten daneben Anerkennung finden muss. Cannabis ist keine Anlagen-Praxisbesonderheit. Hier müssen Ärzte also selber vortragen, was angesichts der Kritik der Kassen und der Skepsis auch der KV an der Verordnung von Cannabis als Medizin sicher nicht einfach werden wird, möglicherweise aber wegen des Genehmigungsverfahrens für Cannabis vor der Ausführung der Verordnung dennoch Chancen haben kann.
Die Begründung teurer Arzneiverordnungen als Praxisbesonderheit kann nicht für alle Praxisbesonderheiten pauschal erfolgen. Vielmehr ist sie im Hinblick auf die einzelne Praxisbesonderheit zu erstellen und dann für sämtliche dieser Fälle zu standardisieren. Soll z. B. Cannabis als innovatives Medikament als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden, dann ist die Verordnung für sämtliche zur Praxisbesonderheit gehörenden Fälle zu dokumentieren. Dann muss der Vertragsarzt die bei dem individuellen Patienten die Wirtschaftlichkeit begründenden Umstände für jeden einzelnen Fall darlegen. Dies kann durch standardisierte Begründungen erfolgen, denen Kennziffern zugeordnet werden, z. B.:

Das können die Gründe sein, die überhaupt für die Zulässigkeit der Verordnung entscheidend sind – aber wie gesagt: das sind Argumente, das ist keine geklärte Rechtslage (und kann es auch nicht sein).